Erinnerung an Krefelds Nachtleben

Andreas Storz und Helmuth Bayen haben das Buch „Eäte — Drenke — Danze“ herausgebracht.

Erinnerung an Krefelds Nachtleben
Foto: Dirk Jochmann

Hiemmel on Eärd ist so ein typisches Essen aus der Kindheit so manch älteren Krefelders. Wer das Rezept gerne nachkochen möchte, findet es im neuen (C)Krefeld-Buch von Andreas Storz und Helmuth Bayen. Die beiden Krefeld-Kenner und Sammler historischer Fotografien und Anekdoten haben mit Lust und Laune und mit viel Arbeit in ihrem siebten gemeinsamen Werk auf 160 Seiten Gaststätten, Kneipen, Geschichten und Rezepte zusammengefasst. Der Titel lautet: Eäte - Drenke - Danze.

Erinnerung an Krefelds Nachtleben
Foto: Dirk Jochmann

Dass Essen, Trinken und Tanzen ab 1900 in Krefeld nicht zu kurz kam, belegt das Buch auf amüsante Weise. Allein die Neusser Straße, wo heute noch die Brauerei Wienges zu finden ist, bot unzählige Möglichkeiten einzukehren. Das erste Bierchen war in der Bahnhofswirtschaft fällig, damals Neusser Straße 6. Einige Häuser weiter kehrte man bei Christoph Eisenach — später Gaststätte Lantermann — ein. Ecke Kanalstraße führte Wilhelm Lohaus das renommierte Lokal „Römischer Kaiser“. Beim Wirt Peter Josef Dörper im Hause Nr. 23 schauten hauptsächlich Weber und Färber vorbei. Zur Unterhaltung spielte dort ein Orchestrion-Schrank (mechanisches Musikinstrument). Sechs Hausnummern weiter in der Wirtschaft von Fritz Sonntag hatten allein schon 100 Gäste Platz.

Erinnerung an Krefelds Nachtleben
Foto: Dirk Jochmann

Doch nicht nur aus allen Stadtteilen bekannte Wirtshäuser und Restaurants, bis weit in die 70er Jahre hinein, sind von Storz und Bayen in ihrem Buch zusammengetragen worden. Auch die Café-Kultur ist abgebildet - und das Geheimnis um den Erfinder der weit über Krefeld hinaus bekanntgewordenen Grillagetorte gelüftet. Im Mai 1900 eröffnete Hermann Wilms an der Rheinstraße eine Konditorei mit einem angeschlossenen Café. 1903 zog er um an die Hochstraße 44 und 1908 an die Hochstraße 56. Kaffeetrinken und Kuchenessen war damals ein recht exklusives Vergnügen, entsprechend modern und gehoben waren die Cafés eingerichtet. Und Hermann Wilms senior sorgte mit seiner Grillagetorte aus papierdünnem Tortenboden, Sahne, Mandeln und Nüssen für Entzücken bei den Damen und zahlreichen Besuchern, die extra dafür sogar aus Holland nach Krefeld reisten.

Erinnerung an Krefelds Nachtleben
Foto: Dirk Jochmann

Das Rezept der Grillagetorte ist in dem Buch von Storz und Bayen zwar nicht zu finden, dafür aber 53 andere, wie zum Beispiel die Fischelner Kartoffelwaffel, Oppumer Schlangengurken oder Bockumer Speckwürstchen — und natürlich Hiemmel on Eärd. Die Rezepte sind kombiniert mit Landschaftsaufnahmen von Bayen, die Krefeld und Niederrhein repräsentieren.

„250 Telefonate stecken in diesem Buch“, beschreibt Storz den Umfang der Recherche. Zu den historischen Bildern, die ihnen immer wieder angeboten werden, haben sie in Krefelder Archiven und Chroniken unter anderem von Rudi Neuhausen, Bernd Giesbertz und Klaus Otten geforscht oder mit älteren Krefeldern gesprochen, die sich noch an die ein oder andere Anekdote erinnern. Stolz sind die beiden auch auf die abgedruckte Bilderstrecke zur Rhenania-Allee, die in den 60er- und 70er-Jahren die Partymeile schlechthin war. Ob Alt-Crefeld, Krefeld 600, Le Bateau, Pferdestall, Schafstall oder Saloon - aus dieser Zeit gebe es nur wenige Fotos. Zeitungsartikel vor allem aus der WZ lassen die Zeit noch mal lebendig werden.

Das neue Buch des Autorenteams ist seit gestern in den Krefelder Buchhandlungen zum Preis von 19,90 Euro käuflich zu erwerben.

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