Ein letztes Jahr ist das Zimmer noch frei

Christine Westermann kokettiert in der VHS mit dem Älterwerden, der Freiheit Nein zu sagen und den Tücken von Titelfotos.

Ein letztes Jahr ist das Zimmer noch frei
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. In der VHS war schon was los, bevor es losging: Eine lange Warteschlange stand am selten genutzten Seiteneingang. Drinnen im Foyer mussten mit Mänteln reservierte Plätze hart verteidigt werden. Zumindest verbal. VHS-Leiterin Inge Röhnelt begrüßte die Moderatorin, Journalistin und Autorin Christine Westermann. Diese dankte für die einführende Vorstellung und bekannte: „Ich freue mich, hier zu sein, das ist fast ein Heimspiel.“

Sie werde, obwohl immer noch von den Folgen einer Kehlkopfentzündung beeinträchtigt, alle Fragen beantworten. So erzählte sie auch etwas zu ihrer Sendung „Zimmer frei“. Es werde in diesem Jahr noch 20 Folgen geben, und 2016 sei Schluss. „Der Sender sagt, wir sind zu alt.“

Damit war sie schon fast beim Thema. Ihrem Buch „Da geht noch was. Mit 65 in die Kurve“. Das befasst sich mit dem Älterwerden. Es ist, das betonte Christine Westermann ausdrücklich, „kein Ratgeber!“ Sie schreibt: „Ich habe nämlich selbst keine allgemeingültigen Antworten, wie man das am besten mit dem Leben und dem Altwerden hinkriegt. Ich mache es auf meine Art . . .“

In diesem Sinne liest sie aus mehreren Kapiteln und erzählt vom Prozess des Entstehens. Mit Humor, Ironie und sehr viel sympathischer Offenheit. Wie viele Stunden etwa es gedauert hat, bis das Titelfoto so war, wie es dem Leser vorliegt. Dass der Verlag einen Untertitel wünschte, den Westermanns Ehemann in einer „Weinlaune“ aussprach. Wie sie sich eine Woche in die Stille eines Klosters zurückzog und doch das Fernsehen dabei hatte.

Oder über ihre eigene Unfähigkeit zum Smalltalk. Häufig hat sie sich damit herumgeschlagen, bis sie den Entschluss fasste, einer Einladung beim WDR nicht Folge zu leisten, sondern ehrlich abzusagen. Ihre Erkenntnis: „Wenn ich etwas nicht will, muss ich das auch nicht machen.“ Und: „Mit der Wahrheit kommt man immer noch am weitesten“, hat sie gelernt. Und noch etwas ist ihr klar geworden: „Ich möchte aufhören zu denken, was die anderen denken könnten.“ Es komme nicht auf seine oder anderer Menschen Reaktion an, sondern auf die eigenen.

Christine Westermann berichtete auch, dass sie in den zwei Jahren des Schreibens melancholische und optimistische Phasen durchlebt habe: „Traurige Teile bedürfen der inneren Zwiesprache“ — daraus las sie nicht vor. Aus der Beschäftigung mit sich selbst hat sie noch einen Schluss gezogen. „Auf die Frage: ‚Was hat das Leben mit mir vor?‘ gibt es nur die eine Antwort: ,Nicht warten, sondern leben.’“ Anschließend signierte Christine Westermann und beantwortete Fragen von Fans und Lesern.

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