Ein geglücktes Experiment

Die märchenhafte Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“ begeistert das Publikum.

Krefeld. "Heute Abend: Freischütz" verkündet die Übertitelungsanlage im Krefelder Theater. Erstes Schmunzeln im Publikum, das mit Spannung die Premiere "Die Liebe zu den drei Orangen" erwartet. Doch das Spiel hat bereits begonnen.

Während eine köstliche Freischütz-Parodie über die Bühne geht, diskutiert der als Publikum agierende Chor über die Frage, ob man lieber eine Komödie oder eine Tragödie sehen will. Man entscheidet sich für das Stück "Die Liebe zu den drei Orangen" - dessen Prolog man gerade gespielt hat.

Sergej Prokofjews gleichnamige Oper ist nicht nur ein zauberhaftes musikalisches Märchen, sondern auch ein Stück über das Theater selbst. Als Vorlage benutzte der Komponist ein Werk des Komödiendichters Carlo Gozzi aus dem 18. Jahrhundert.

Zu den märchenhaften Zügen der Handlung und den Commedia-dell´arte-Figuren fügte Prokofjew eine weitere Ebene hinzu. Immer wieder lässt er die Figuren ihr Spiel kommentieren. Eine eigenständige Rolle übernimmt dabei der Chor, der immer wieder in das Geschehen eingreift. Diese kunstvoll ineinander verwobenen Ebenen, die Mischung aus tragischen und komischen Elementen macht die 1921 uraufgeführte Oper zu einem komplexen und anspruchsvollen Werk.

In Krefeld gab es jetzt eine Premiere im doppelten Sinn. Mit dem Stück wurde nicht nur die neue Spielzeit eröffnet, es steht zum ersten Mal überhaupt auf dem Spielplan des hiesigen Gemeinschaftstheaters. Ein Experiment, das auf der ganzen Linie geglückt ist.

Der junge Regisseur Ansgar Weigner hat das Stück mit wunderbar leichter Hand inszeniert und zeigt dabei stets ein Gespür für die richtige Balance. Nie lässt er die holzschnittartigen Charaktere zu überzeichnet agieren, dafür aber mit viel Humor und spritzigem Tempo.

Robert Schrag hat dazu wunderschöne Kostüme und einen der Spielkartenwelt entlehnten Raum entworfen, der sehr ausgewogen märchenhafte und schräge Züge trägt. Darin agiert der auf 60Personen aufgestockte Chor mit einer Spielfreude, wie man sie lange nicht gesehen hat, und ist auch unter seiner neuen Direktorin Maria Benyumova musikalisch glänzend aufgestellt.

Stimmlich und darstellerisch nicht weniger eindrucksvoll ist das Sängerensemble. Allen voran Daniel Kirch, der den Prinzen herrlich naiv als ewiges Kind spielt. Matthias Wippich glänzt in der Doppelrolle als König und als liebeshungrige Köchin in wunderbar schrägem Outfit.

Markus Heinrich (Truffaldino), Michael Kupfer (Pantalone/Farfarello), Christoph Erpenbeck (Leander), Eva Maria Günschmann (Clarissa) und Susanne Seefing (Smeraldine) hinterlassen ebenfalls einen starken Eindruck. Janet Bartolova und Hayk Dèinyan zeigen viel Humor als konkurrierendes Zauberpaar Fata Morgana und Tschelio.

Das herausragende Spiel der Niederrheinischen Sinfoniker unter der Leitung ihres Generalmusikdirektors Graham Jackson rundet den vom Publikum umjubelten Abend ab. Gelungener kann ein Auftakt kaum sein.

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