Ein Bummel über den Flachsmarkt auf Französisch

Der Audienda-Chor pflegt internationale Kontakte – und gibt sich gastfreundlich.

Krefeld. Was zeigt man auswärtigen Gästen, die zum ersten Mal nach Krefeld kommen? Linn natürlich, den mittelalterlichen Stadtteil. Und wenn dann noch Flachsmarkt gehalten wird, sind die Gäste wahrhaftig begeistert.

So jedenfalls erging es dem Ensemble Vocal de l’Hurepoix aus Viry Chatillon im Süden von Paris. Etwa 50 Sänger sind über Pfingsten zu Besuch, auf Einladung des Audienda-Chors. Es ist das erste Zusammentreffen der beiden Chöre; die Chorleiter kennen sich aus Moskau. Auf internationale Partnerschaften wie diese legt der Audienda-Chor großen Wert. An einen Gegenbesuch in Frankreich ist gedacht.

Am Pfingstsonntag hatten die Sänger ihre Gäste auf den Flachsmarkt eingeladen. Larissa Konze vom Audienda-Chor begleitete die Franzosen über den mittelalterlichen Markt. Auf Französisch, Deutsch und Englisch wurde geplaudert, hin- und her übersetzt - musikalische Menschen haben ja oft einen Sinn für Sprachen.

"Wir singen auch häufig deutsche Lieder", erzählte Muriel Torossian, Präsidentin des französischen Ensembles. Schuberts Lieder und Bachs Kantaten gehören dazu. Für ihr Konzert in der Alten Kirche am Sonntagabend haben sie Werke von Fauré einstudiert.

Doch auf dem sonnigen Flachsmarkt geht es um ganz andere Dinge: Ein Gerber schabt das Fett von einem Fell - so etwas haben die meisten noch nie gesehen. Eine Lehrerin fotografiert: "Das Bild bringe ich meinen Kindern mit!"

Ein Stück weiter kauft Muriel Torossian vorausschauend zwei Paar Fellpuschen. Auf dem Vorplatz der Burg stehen wie immer die Norddeutschen, die den Namen des Marktes erklären.

Flachs wird immer noch im Osten Deutschlands angebaut, aber aus der Sorte wird Leinöl gewonnen. Das braucht man für Linoleum und Firnis, für Kosmetik und Kitt. Der faserige Flachs für Leinen wird in den westlichen Nachbarländern angebaut, auch in Frankreich. Bemerkenswert: Für unsere beiden Wörter Flachs und Leinen gibt es im Französischen nur das eine - "lin".

Im Inneren der Burg bestaunen alle den Schmied mit seinem riesigen Blasebalg und der schwarzen Esse. Einer der Franzosen erinnert sich an seine Lehrzeit: Vor vielen Jahren hat er dieses Handwerk gelernt.

Zwischen den Besuchern wandeln Menschen in mittelalterlichen Kostümen. "Bei uns gibt es auch solche Märkte", sagt eine Sängerin, "aber sie zeigen nicht so viel Handwerkskunst." Eine andere fasst ihre Eindrücke so zusammen: "Es ist beeindruckend zu sehen, auf welch vielfältige Art der Mensch seine schöpferische Kraft zum Ausdruck bringt."

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