Die Highland-Schwestern

Die Krefelderin Bärbel Schnell übersetzt die Bestseller von Diana Gabaldon — und ist eng mit der US-Autorin befreundet.

Krefeld. Menschen auf der ganzen Welt beneiden Bärbel Schnell: Als Übersetzerin der millionenfach verkauften „Highland-Saga“ von Diana Gabaldon darf sie jedes neue Buch lesen, bevor es erscheint. „Deshalb werde ich von Fans regelrecht belagert, die wissen wollen, wie es weitergeht“, sagt Schnell. Doch niemals würde sie auch nur ein Sterbenswort verraten, das ist Ehrensache.

Denn Bärbel Schnell und Diana Gabaldon verbindet nicht nur die Arbeit — sie sind seit langem gute Freundinnen. Die Schriftstellerin aus Arizona ist sogar die Patentante von Schnells mittlerweile erwachsener Tochter.

Kennengelernt haben sich beiden Frauen im Internet, einer Welt, in der Entfernungen und Grenzen keine Rolle spielen, sondern Gemeinsamkeiten. Anfang der 90er Jahre recherchierte Schnell im Forum eines Online-Dienstes für einen Artikel, der in einem Computermagazin erscheinen sollte. Sie war auf der Suche nach online-affinen Frauen, die damals noch zur absoluten Minderheit im Netz gehörten. „Das Internet war eine Männerdomäne“, erzählt die freiberufliche Journalistin. „Frauen, die ernstgenommen werden wollten, gaben sich oft ambivalente Tarnnamen, um ihr Geschlecht zu verschleiern.“

Gabaldon war eine Internet-Pionierin. Die Professorin für Tiefseebiologie und Zoologie war eine der ersten, die Statistiken mit dem PC erfasste. Sie rezensierte neue Software und publizierte die Artikel im Netz. „Diana war eine super interessante Gesprächspartnerin“, sagt Schnell. „Wir entdeckten sofort, dass wir Schwestern im Geiste sind.“

Als „Outlander“, der erste Teil von Gabaldons „Highland-Saga“, erschien, stellte Schnell fest, dass ihre Freundin sie auch als Schriftstellerin begeistern konnte. „Ihre Bücher haben alles, was historische Romane so brauchen“, findet sie. „Sie sind hervorragend recherchiert, unterhaltsam geschrieben und von interessanten Charakteren bevölkert. Menschlich aktuell und historisch akkurat.“ Bereits das erste Buch habe sie derart begeistert, dass sie sofort den Wunsch verspürt habe, es zu übersetzen. Doch der Verlag traute einer unerfahrenen Anfängerin wie ihr einen 800-Seiten-Schmöker nicht zu. Seit dem vierten Buch „Der Ruf der Trommel“ ist Schnell mit im Boot.

Der Reihe ist seitdem anzumerken, dass eine Gabaldon-Insiderin am Werk ist. So fehlen beispielsweise in den ersten Teilen einige Details, Schnell hingegen würde nie etwas weglassen. Außerdem gibt sie sich viel Mühe, den Sprachwitz der Originale so gut wie möglich zu transportieren. „Diana hat eine unbändige Freude an Sprache, das merkt man sofort“, sagt Schnell. „Ich möchte, dass auch die deutschen Leser daran teilhaben können.“

Das ganze Jahr stehen die beiden in regem E-Mail-Kontakt. In Deutschland waren sie gemeinsam auf Lesereise, und wenn Gabaldon in Europa unterwegs ist, versucht Schnell immer, ein Treffen einzurichten. In den USA besucht hat sie ihre Lieblingsschriftstellerin aber noch nie — „doch nur wegen meiner Flugangst“.

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