Deutscher Seitenwechsel - Ausstellung über Künstlerschicksale im geteilten Deutschland

Die Schau berichtet von Künstlerschicksalen im geteilten Deutschland.

Krefeld. Wenn man nahe genug herantritt, sieht man noch die Schnitte. Entlang den Linien des Bildes wurde es offenbar auseinandergeschnitten, um dann später wieder auf Karton zusammengeklebt zu werden. Sein Gemälde „Würfelspieler“ (1957) hat Jean Paul Hogère so — in kleine Teile zerlegt — aus der DDR nach West-Berlin schmuggeln lassen.

Er selbst hatte schon vorher die Seiten gewechselt. „Seitenwechsel“ heißt die Ausstellung, die ab Sonntag im Südbahnhof dokumentiert, warum 41 deutsche Künstler zwischen 1945 und 1965 von einem deutschen Staat in den anderen gewechselt sind.

Ungefähr die Hälfte der Künstler floh vom Osten in den Westen, die andere Hälfte aber ging den anderen Weg. John Heartfield etwa, durch seine antifaschistischen Fotomontagen in der Zeit der Weimarer Republik berühmt, erhoffte sich wie viele andere von der DDR einen utopischeren Gesellschaftsentwurf.

Auch Max Lingner ging aus dem französischen Exil in die DDR. Sein großes Wandgemälde „Aufbau der Republik“ ziert heute noch das Bundesministerium der Finanzen in Berlin, das zu DDR-Zeiten das Haus der Ministerien der DDR war. Lingner passte seine Kunst dem vom Regime gewünschten sozialistischen Realismus an.

Künstler, die einfach nur den Anschluss an die durch den Nationalsozialismus in Deutschland unterbrochene Moderne suchten, gerieten schnell in Gefahr, als „dekadent“ diffamiert zu werden. Denunziationen, Malverbote, Inhaftierungen — man ging nicht gerade zimperlich mit denen um, die sich der vom Staat diktierten Norm entzogen.

Georg Baselitz, Gerhard Richter, Sigmar Polke, Günther Uecker— alle kamen aus der DDR in die Bundesrepublik und wurden hier zu bestimmenden Figuren im Kunstbetrieb.

„Ich musste weg“, wird Uecker zitiert, das war seine Antwort auf die Niederschlagung des Arbeiteraufstands am 17. Juni 1953. Auch für Klaus Staeck, der mit seinen politischen Plakaten in der Nachfolge Heartfields steht, war der 17. Juni der Tag, der seinen Entschluss bekräftigte, in den Westen zu gehen.

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