Designer: Von der Pappstadt zum Kosmos

Die Sputnics feiern ihr zehnjähriges Bestehen — ein Rückblick auf verrückte Aktionen und internationale Erfolge.

Designer: Von der Pappstadt zum Kosmos
Foto: A. Bischof

Krefeld. Alles begann damit, dass drei Designstudenten die Küche ihrer Wohngemeinschaft mit einer Bastelarbeit lahm legten. Nirgendwo sonst in der Wohnung hätte diese große Modellstadt aus Pappe und anderen Restmaterialien Platz gefunden. Die Stadt sollte die Hauptrolle spielen in einem DVD-Menü für den Krefelder Musiker Markus Jansen. Malte Jehmlich, Nicolai Skopalik und Nils Voges agierten 2004 zum ersten Mal als Team: Nun feiert ihr Designerkollektiv Sputnic zehnjähriges Bestehen.

Die DVD hieß „Für 15 Euro nasses Hundekino“, und die Modellstadt mit vier Quadratmetern Grundfläche in der realen Küchenwelt der Sputnics diente zur animierten Ansteuerung der Musikvideos von Jansens Band. Das war mehr als eine Bastelei.

Dem Thema Stadt blieben Jehmlich, Skopalik und Voges treu, als sie 2007 gemeinsam ihre Diplomarbeit an der Hochschule Niederrhein vorlegten. Der Animationsfilm „Südstadt“ erzählt die Geschichte eines Postboten, der in einem heruntergekommenen Zustellbezirk, dem Südbezirk Krefelds sehr ähnlich, dank defekter Briefkästen und vertauschter Hausnummern bei seiner Arbeit versagt.

Mit diesem Film über das Scheitern bestanden die Sputnics ihr Examen grandios. Beim Grand Off Festival in Warschau gewann „Südstadt“ 2008 den European Off Film Award in der Kategorie Animationsfilm. Die Filmbewertungsstelle in Wiesbaden verlieh das Prädikat „Wertvoll“.

Das Pendeln zwischen Gestaltung und Kunst ist für die Sputnics von Beginn an Programm. Dabei beschäftigen sie sich auch mit dem Spannungsfeld von Realität und Fiktion. Dazu passt, dass sie mit ihren Videos und Bühnenbildern immer wieder in Theaterprojekte involviert werden, in Moers, Mülheim, Kassel, Münster, Bonn und anderswo.

Für das Theater Dortmund kreierten die Sputnics in der Spielzeit 2010/2011 gleich eine ganze Reihe zum Thema „Stadt ohne Geld“. Kooperationspartner war auch das Institut für urbane Krisenintervention, aber das war vom Briefpapier bis zu den Akteuren nur scheinbar real, vielmehr eine Legende.

Für die Krefelder Ausstellung „Quer geschnitten“ hatten die umtriebigen Designer bereits 2008 eine Immobilienfirma erfunden. „Wostok Int.“ versuchte angeblich, das von der Kunst „befreite“ Kaiser-Wilhelm-Museum als Einkaufscenter zu vermarkten. Das sorgte für Wirbel.

Mit der ursprünglich „nur“ als Kunstaktion geplanten Installation „Racer“, die eine reale Modellautobahn mit einem digitalen Spielautomaten verband, erreichten die Sputnics 2010 sogar die Aufmerksamkeit der New York Times — und auch sie selbst sind inzwischen international unterwegs: Ein Theaterprojekt führte Nils Voges 2013 nach Kamerun, und Malte Jehmlich begleitete ebenfalls 2013 ein Musikprojekt nach Myanmar. Beide Aktionen werden in diesem Jahr fortgesetzt.

Trotzdem bleibt das Designerkollektiv dem Standort Krefeld treu. Gerade ziehen die Sputnics mit ihren Büros in die alte Samtweberei.

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