Kunst im Vorbeigehen Das Doppelohr lauscht ins Stadtgeschehen

Seite 1992 steht die monumentale Skulptur des britischen Bildhauers Richard Deacon auf der Rasenfläche des Voltaplatzes.

Kunst im Vorbeigehen: Das Doppelohr lauscht ins Stadtgeschehen
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. An drei Seiten von Straßen umgeben und in Sichtweite der Bahntrasse ist der Voltaplatz einer der verkehrsreichsten Orte in Krefeld. Darüber hinaus durchkreuzen noch Straßenbahnschienen die überschaubare Rasenfläche.

Doch jeder der hier vorbeifährt und einen kurzen Seitenblick auf den Platz wirft, kann die gewaltige Edelstahlskulptur gar nicht übersehen. Seit 1992 gibt das in Krefeld liebevoll-spöttisch „das Ohr“ genannte Werk dem unattraktiven Platz einen besonderen Charakter. Der korrekte Name der vom britischen Bildhauer Richard Deacon (geboren 1949) geschaffenen Skulptur lautet „Building from the Inside“.

Deacon, der heute in New York und London lebt und mit vielen Preisen, darunter dem renommierten Turner-Preis, ausgezeichnet wurde, stellte 1991 in den Häusern Lange und Esters aus. Im Rahmen des damals von den Kunstmuseen initiierten Projekts „Skulpturen für Krefeld“ entwarf er die Skulptur für den Voltaplatz. Die Kulturstiftung der Sparkasse schenkte das von der Krefelder Firma Wilhelm Schulz gegossene Werk der Stadt.

Die sechs Meter hohe Form besteht aus sechs gewölbten Einzelteilen aus Edelstahl, die so zusammengefügt sind, dass sie eine nach beiden Seiten offene Form ergeben. Die Nahtstellen der Teile sind dabei deutlich erkennbar. Durch die Wölbung entsteht eine Biegung, so dass man nicht wie bei einem Tunnel durchblicken kann. Die geschwungene, organische Form erinnert an ein beidseitig geöffnetes Ohr, was auch zu der Bezeichnung „Doppelohr“ geführt hat.

Das Hören hat in dieser Form Gestalt angenommen. Es entsteht der Eindruck, dass der Lärm der Umgebung aufgenommen, vielleicht gefiltert und wieder rausgelassen wird.

Trotz seiner Größe und einem mit fast 80 Tonnen beeindruckenden Gewicht, wirkt die Skulptur nicht massiv. Mit ihrer ausdrucksvollen, eleganten Form bildet sie ein lebendiges Zentrum auf dem Platz und wirkt dabei seiner strengen Geometrie entgegen.

Lädt der nach dem italienischen Physiker Alessandro Graf von Volta benannte Platz wegen seiner Lage eigentlich nicht zum Verweilen ein, so hat sich dies auch durch das Doppelohr verändert. Während der Platz von Skatern genutzt wird, zieht die glatte Innenfläche des Ohrs Graffiti-Künstler magisch an. Eine längst überfällige Reinigung ist daher seit Jahren im Gespräch, zuletzt war im Mai eine Aktion im Rahmen eines EU-Frühjahrsputzes geplant (die WZ berichtete). Doch ob gereinigt oder nicht, das Doppelohr lauscht weiterhin ins Stadtgeschehen im Krefelder Süden hinein.

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