Ausstellung: Zum Schluss kommt Teddy ins Museum

Zuerst war es ein Koffer mit Kleidung aus der „Hamburger Kinderstube“, den Heinke Warsch verschenkte. Das Stofftier brachte sie jetzt zur Ausstellung mit.

Krefeld. Es war alles sorgfältig in einem großen dunkelbraunen Koffer mit Holzstreben, einen sogenannten Rohrplattenkoffer, verstaut: Die Kleidung und das Spielzeug des kleinen Dietrich bewahrte seine Familie auf dem Dachboden auf. Denn der Junge starb mit sechs Jahren an Kinderlähmung. Das war 1927.

Seine Schwester Heinke Warsch erinnert sich noch sehr gut an ihren großen Bruder „Er war plietsch“, sagt sie mit einem Hamburger Wort und beschreibt damit den bewunderten „großen“ Bruder als klug und pfiffig und vergnügt.

Auf einem Foto in der Ausstellung „Der Kinder bunte Kleider“ sind Dietrich und seine Schwester zu sehen. Das Foto ist leicht beschnitten. Auf dem Original ist auch noch der Teddy drauf. „Er hat nie einen Namen bekommen“, erzählt die alte Dame. Teddy ist ziemlich abgeliebt: „Wir waren schließlich vier Geschwister“, sagt sie.

Als das Elternhaus in Wuppertal aufgeräumt wurde, hat sie den Koffer mit Dietrichs Sachen vom Dachboden geholt und in liebevoller Erinnerung gesichtet. Dann schenkte Heinke Warsch einen großen Teil der Kleidungsstücke dem Krefelder Textilmuseum. Und nun brachte sie anlässlich der aktuellen Ausstellung auch noch Teddy dazu.

Die Matrosenanzüge, die kleinen Mäntel und Hosen stammen alle aus einem berühmten Geschäft in Hamburg: „Unsere Großmutter schickte regelmäßig eine Auswahl aus der ‚Hamburger Kinderstube‘ nach Wuppertal“, sagt Heinke Warsch.

Denn ihre Mutter hatte von Hamburg nach Wuppertal geheiratet. Und die hanseatischen Traditionen wurden weiter gepflegt. Die Kleidung des kleinen Dietrich wurde in der 1925 gegründeten Hamburger Kinderstube auf Maß gefertigt.

Das ganze Ensemble ist einer Vitrine versammelt, und im Hintergrund tragen zwei große Puppen die Trachten von Gouvernante und Kindermädchen. Auch Handschuhe und Schuhe des Knaben sind in zwei anderen Kästen zu sehen. Das Spielzeug in der Vitrine hat das Museum aus einer Berliner Sammlung ausgeliehen.

Die „Hamburger Kinderstube“ wurde 1925 gegründet, in der Rothenbaumchaussee. Schon bald wurde das Haus mit den norddeutsch inspirierten Modellen zur Institution. Zur Hochzeit der niederländischen Kronprinzessin Juliana mit Bernhard zu Lippe-Bisterfeld trugen die Blumenkinder Kleider aus Hamburg. Typisch der marineblaue Mantel mit Perlmuttknöpfen — für Mädchen wie für Knaben.

Nach 1945 wurde die „Hamburger Kinderstube“ am Jungfernstieg wieder eröffnet und existierte bis in die 90er Jahre. In Berlin gibt es seit 2004 wieder einen Showroom mit der klassisch hanseatischen Mode für Kinder und Jugendliche.

„Der Kinder bunte Kleider“ ist eine Ausstellung im Rahmen von „Auf Tuchfühlung — 700 Jahre textile Kunst am Niederrhein“. Noch bis zum 29. September.

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