Ausstellung im Textilmuseum: Die alte Kiste auf dem Dachboden

1924 fanden sich im Jagdschloss Kleider der Familie de Greiff. Sie sind nun in Linn ausgestellt.

Krefeld. 1924 erwarb die Stadt Krefeld die Burg Linn mit ihren Nebengebäuden. Sie war damals eine Ruine, aber das Jagdschlösschen hatte die Familie de Greiff mehr als hundert Jahre lang bewohnt. Auf dem Dachboden stand eine alte Kiste.

Ein kurzer Blick der Museumsleute auf den Inhalt genügte: Man verwahrte ihn sachgerecht als vermeintliche Puppenkleider. Als nun vor zwei Jahren die Mitarbeiter des Textilmuseums mit der Vorbereitung zur Ausstellung „Der Kinder bunte Kleider“ begannen, erinnerten sie sich an den Dachbodenfund. Die Puppenkleider sollten ergänzende Exponate sein. Herkunftsangabe: aus dem Besitz der Marianne Rhodius, geborene de Greiff.

„Gesicherte Provenienz, das hat man selten bei solchen Textilien“, sagt Uta-Christiane Bergemann. Allerdings, und das war die Überraschung bei der Beschäftigung mit dem Inhalt der Kiste, waren es gar keine Puppen-, sondern Säuglingskleider.

Zu diesem Ergebnis kamen die Historiker und Restauratoren des Museums in vielen kleinen Schritten. Zunächst wurden die Stücke vorsichtig aus ihrem Seidenpapier herausgenommen und aufgelistet: Sieben Jäckchen und zwölf Häubchen gehörten zu dem Schatz, außerdem ein Sonntagsstaat, ein Spielkleid und drei Mieder.

Alle Teile wurden geglättet und genau angeschaut. Und dann wurde ganz klar — einer Puppe können sie nicht passen. Bei der Sichtung der Stücke hat sich Ausstellungskuratorin Uta- Christiane Bergemann verschiedene Fragen gestellt: Aus welcher Zeit stammen die Kleider? Wie und von wem wurden sie gebraucht? Was erzählen sie über die Kindheit der Besitzer?

Schnitte, Material und Verarbeitung geben genau auf diese Fragen eine Antwort. Zum Beispiel das zweiteilige Hängerchen aus hellem Leinen. „Der Wellenfries am Saum und das Material weisen deutlich auf das zweite Jahrzehnt im 19. Jahrhundert“, hat Uta-Christiane Bergemann festgestellt. Belegen kann sie das mit Zeichnungen zum Beispiel aus dem Journal des Luxus und der Moden.

Es war nur eine kurze Zeit, in der Kleidung so frei und weit war. „Dieses Ensemble kann auf 1818 datiert werden“, sagt Bergemann. „Und es wurde höchstwahrscheinlich von Marianne de Greiff, geboren 1814, oder ihrer Schwester Emma, geboren 1816, getragen“, ist das Fazit der Kuratorin.

Dasselbe gilt für das feine weiße Sonntagskleid. Und dass sich auch die Frau Mama fortschrittlich kleidete, sieht man an einem Gemälde im Jagdschlösschen. Auf dem Porträt aus dem Jahre 1812 ist Mama de Greiff in allerneueste Mode gekleidet, die den Ideen der Aufklärung folgt.

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