Ausstellung: Die unbekannte Seite des Zeichners Cadora

Noch bis Sonntag sind in der Villa Goecke düstere Selbstporträts des Zeichners zu sehen.

Krefeld. Georg Cadora zeichnete nachts. Stundenlang zog er feine Schlingen aufs Papier, die am Ende ein großes Ganzes ergaben, oft Porträts historischer Persönlichkeiten, festgehalten in Cadoras unverwechselbarem Stil. „Er hatte eine fast manische Obsession für das Zeichnen“, sagt der Galerist Ralph Kleinsimlinghaus, der den an Silvester 2011 verstorbenen Maler seit Jahrzehnten kannte. „Er wollte jeden Quadratzentimeter des Papiers bearbeiten.“

Stilistisch sind die Bilder, die Kleinsimlinghaus noch bis Sonntag in der Villa Goecke zeigt, daher keine Überraschung. Es dominieren die Porträts in Tusche oder mit Tintenstift, Schwarz auf Weiß gezeichnet, in jenen schier endlosen Schlingen, mit denen Cadora die Welt Schritt für Schritt zu begreifen schien.

Was auffällt, ist jedoch das Sujet: In den Werken, die meist aus den achtziger Jahren stammen, zeigt Cadora sich selbst, den Maler im Atelier. Mal ist er nackt, der gewaltige Bauch wölbt sich nach vorne, in der Hand hält er einen Hammer. In anderen Arbeiten scheint von oben etwas auf ihn einzustürzen, wie durch einen riesigen Trichter oder als Farbstrom, der von einer Palette fließt.

Ob es auch umgekehrt sein könnte und Cadoras Geist als Ursprung der unbestimmten Kraft in Frage kommt, bleibt offen. Auch das faszinierende Bild eines Wesens mit Leuchtaugen hat er mit „Selbst“ betitelt.

Diese Spätwerke, die nun wie ein Vermächtnis wirken, zeigen einen bisher unbekannten Cadora, ungewohnt persönlich, beinahe intim. Viele dieser Arbeiten erscheinen zweifelnd und düster, doch zwischen den Schlingen verbirgt sich Selbstironie, etwa bei „Jesus, Mayer-Lansky und ich“, einer Begegnung im Schutz der Dunkelheit zwischen Erlöser, Mafioso (allerdings falsch geschrieben) und Maler.

Weniger eindrucksvoll, doch ebenso untypisch sind die abstrakten Gemälde in Acryl, Gouache und Ölkreiden, die Kleinsimlinghaus daneben präsentiert. Er ergänzt die Ausstellung mit klassischen Cadora-Arbeiten aus jenem Rimbaud-Zyklus, der ihn im Jahr 1974 schlagartig bekannt machte, als das Kaiser-Wilhelm-Museum die Werke zeigte.

Dass die Bilder in zufällig aufgefundenen Rahmen stecken, hätte Cadora gefallen, wie auch die Tatsache, dass diese andere Facette seines Schaffens nun bekannt wird. „Es ist schade, dass er es nicht mehr erleben kann“, sagt Ralph Kleinsimlinghaus.

Tiergartenstraße 57. Mi., Do. und So., 15-18 Uhr. Bis 20. Oktober

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