Kultur Ausstellung: Dem Künstler Joseph Beuys ganz nah

Theo Windges und Martin Lersch zeigen im Stadtarchiv Porträts und Zeichnungen des großen Meisters.

Kultur: Ausstellung: Dem Künstler Joseph Beuys ganz nah
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Fast 45 Jahre ist es her, dass Joseph Beuys im Kaiser-Wilhelm-Museum seinen Kunstbegriff vor großem Publikum ausbreitete. An diese Zeiten erinnert eine Ausstellung im Stadtarchiv. „Beuys Sehen — Beuys Verstehen?“ fragen die beiden Künstler Theo Windges und Martin Lersch ab heute und führen zur Eröffnung auch ein Künstlergespräch.

Theo Windges, Jahrgang 1943, hat 1971 fotografisch dokumentiert, was im Museum so los war. Die WZ titelte damals: „Meister zog alle in Bann. Beuys war da.“ Windges erinnert sich noch genau: „So’n Gedränge hat es nie wieder im Museum gegeben.“ Ihm war ein Blick von oben möglich: Aus einem Oberlicht fotografierte er nach unten in die Menge. Im Mittelpunkt Beuys und Museumsleiter Paul Wember. Zusammen mit Dokumenten aus dem Archiv ist dieses Foto in einer Vitrine zu sehen.

Theo Windges hatte während eines Pressegesprächs im Haus Lange drei Jahre später noch einmal die Möglichkeit, den Meister zu fotografieren. Mit dabei seine Hasselblad mit Rollfilm: Damals gingen die Fotografen äußerst sorgsam mit dem Material um — es galt, den Moment zu erfassen. Wie gut er Beuys erfasst hat, ist auf zehn großformatigen Porträts zu sehen. Einen sehr liebenswürdigen Brief der Mäzenin Helga Lauffs hat Windges auch zur Verfügung gestellt. Dokumente aus einer Zeit, in der in Krefeld Kunstgeschichte geschrieben wurde.

„Ich bin fasziniert von der Einfachheit seiner Kunst“, sagt Windges. Als junger Mann damals hatte er nicht den Mut, Beuys’ Einladung nach Düsseldorf Folge zu leisten. „Darüber ärgere ich mich immer noch“, sagt er.

Auf der Einladung zur Ausstellung steht „Photografien“ - das „Ph“ eine Verbeugung vor Joseph Beuys. Auf eine andere Art verbeugt sich der Zeichner Martin Lersch vor Beuys. Er hat sich von Beuys — der vor 30 Jahren starb — zu 30 Blättern inspirieren lassen, die in drei Reihen den Foto—Porträts gegenüber hängen. Sie sind jedoch sämtlich abgedeckt, denn die Erben des Meisters verlangen auch für das Abmalen eines Fotos oder die zeichnerische Vergrößerung eines Objekts und bei Ausstellung dieser Arbeiten einen Anteil — alles eine Frage des Urheberrechts.

Lersch war 1971 bei Beuys’ Besuch auch im KWM. Er hatte als 17-Jähriger gerade das Studium an der Werkkunstschule aufgenommen. Beuys anzusprechen, hat er sich nicht getraut, aber er war von seinem Charisma angezogen. „Ich schätze seine Schriften und sein visionäres Gedankengut“, sagt Lersch, „seine Auffassung von den Natur- und Geschichtszusammenhängen.“

Beuys hatte damals formuliert: Kunst = Mensch = Kreativität = Freiheit. „Damals wurde über den Begriff von Demokratie und Freiheit diskutiert“, sagt Archivleiter Olaf Richter, „heute geht es um das Urheberrecht.“

Joseph Beuys wurde 1921 in Krefeld am Alexanderplatz geboren. Theo Windges erzählt, dass die Eltern eine schwierige Geburt befürchteten und daher vor der Niederkunft aus Kleve nach Krefeld kamen. Die Kinderklinik habe schon damals einen sehr guten Ruf gehabt. Erzählt wird aber auch, dass Beuys’ Mutter eine Schwester oder Schwägerin besucht habe und die Wehen verfrüht eingesetzt haben.

Geschichten hat Beuys auch über seine angebliche Rettung auf der Krim durch die Tartaren verbreitet. Der Künstler liebte es, einen Mythos zu schaffen und zu nähren. Lersch und Windges sind sich einig: „Diese Ausstellung hätte Beuys gefallen.“

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