Außergewöhnliches Werk im Stadttheater

Die Oper „Der seltsame Fall des Claus Grünberg“ von Regisseur Kobie van Rensburg feiert eine umjubelte Premiere.

Außergewöhnliches Werk im Stadttheater
Foto: Matthias Stutte

Nach einem tragischen Unfall ist der Komponist Claus Grünberg in der Psychiatrie gelandet. Hier dämmert er im Rollstuhl in einer ausgepolsterten Zelle vor sich hin. Mit diesem Bild beginnt die Oper „Der seltsame Fall des Claus Grünberg“, die jetzt im Theater Krefeld eine umjubelte Premiere feierte. Es ist ein außergewöhnliches Werk, das Regisseur Kobie van Rensburg speziell für das Theater Krefeld Mönchengladbach kreiert hat. Der ehemalige Opernsänger und bekennende Fan der Musik Claudio Monteverdis hat aus verschiedenen Stücken des italienischen Komponisten eine neue „Favola in Musica“ geschaffen. Dazu hat er eine Handlung erfunden, die bereits mit dem Namen der Titelfigur Claus Grünberg auf den Komponisten Claudio Monteverdi anspielt.

Das Schicksal des durch den Verlust von Frau und Tochter aus der Bahn geworfenen Mannes wird dabei eng mit den Figuren verknüpft, die in Monteverdis Opern eine zentrale Rolle spielen. Einer davon ist der antike Sänger Orpheus, der seine verstorbene Frau Eurydike aus der Unterwelt zurückholen will. Grünberg, den wegen des tödlichen Unfalls große Schuldgefühle plagen, leidet an einem Realitätsverlust. Er identifiziert sich mit Orpheus, aber auch mit anderen Figuren aus der Mythologie. Auch das ihn umgebende medizinische Personal aus Arzt, Krankenpfleger und Krankenschwestern verwandelt sich in seiner Vorstellung in diese Gestalten.

Für diese enge Verflechtung von Fantasie und Realität hat der Regisseur eine kongeniale Bühnensituation geschaffen. Auf der Bühne, die durch den eisernen Vorhang vom eigentlichen Zuschauerraum getrennt ist, ist auch das Publikum platziert. Der Eindruck der Geschlossenheit und eine große Nähe zu den Darstellern sorgen von Beginn an für eine packende Atmosphäre. Auch die acht Musiker sind auf der linken Seite gut sichtbar platziert. Der Zuschauer erlebt so Musik und Gesang hautnah. Vor einem schlichten Podest erhebt sich eine große Leinwand, rechts und links davon befinden sich zwei blaue Wände, auf die Kameras gerichtet sind. Wenn sich die Sänger entsprechend vor diesen „blue screens“ positionieren, wird ihr Bild direkt auf die große Leinwand übertragen. Durch zahlreiche Videoeinspielungen wird die Leinwand selbst zur visuell lebendigen Kulisse. In seinen Fantasien fährt Grünberg hier als Odysseus über das Meer oder taucht als Orpheus in die Unterwelt hinab. Auch Szenen seines verlorenen glücklichen Familienlebens sind auf diese Weise zu sehen. Darüber hinaus kann man die Texte der Musikstücke mitlesen, die sich durch die gelungene Zusammenstellung zu einem Gesamtkunstwerk fügen.

Sieben Mitglieder der Niederrheinischen Sinfoniker bringen unter Dirigent Yorgos Ziavras, der abwechselnd vom Cembalo oder der Orgel aus den Abend mit großem Einfühlungsvermögen leitet, die Musik Monteverdis ganz wunderbar zum Klingen. Diese Musik trägt das großartige Sängerensemble. Allen voran Andrew Nolen, der in der Titelrolle wieder darstellerisch alle Facetten zieht und mit der Vielseitigkeit seiner Stimme berührt. Ebenso überzeugend Susanne Seefing als seine Frau Claudia.

Als vierköpfiges medizinisches Personal, das sich auch in diverse Göttergestalten verwandelt, begeistern die jungen Sänger des Opernstudios: Alexander Liu, Alexander Kalina, Agnes Thorsteins und Panagiota Sofroniadou. Letztere bestreitet als Musica Prolog und Epilog des Stückes und singt von der heilsamen Kraft der Musik. Mit ihrem melodiösen Charakter berührt die 400 Jahre alte Musik unmittelbar, hat aber zugleich eine entspannende Wirkung.

Auch wenn die Geschichte des Claus Grünberg letztendlich ein trauriges Finale findet, bleibt der Zuschauer betroffen, aber nicht deprimiert zurück. Monteverdis Musik ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass Liebe und deren Verlust durch den Tod seit Jahrhunderten bei den Menschen ähnliche Gefühle hervorrufen. Mit dieser neuen Oper ist Kobie van Rensburg ein großartiger Brückenschlag in die Gegenwart gelungen. Ein Abend, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

“ Die Oper dauert zwei Stunden mit einer Pause. “ Weitere Aufführungen gibt es morgen, am Sonntag, 1. Juli, und am Donnerstag, 12. Juli. “ Karten gibt es unter Telefon 805-125 oder unter theater-kr-mg.de.

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