Auf Spurensuche in der NS-Zeit

Neues zum Leben von Heinrich Plum, der für seinen Widerstand gegen den Nationalsozialismus einen hohen Preis zahlte.

Auf Spurensuche in der NS-Zeit
Foto: Dirk Jochmann

Vor gut zwei Jahren wurde der NS-Dokumentationsstelle in Krefeld ein Briefkonvolut von 650 Seiten aus dem Nachlass von Heinrich Plum zur Verfügung gestellt. Plum gehörte zu den Mitgliedern der KPD, die sich dem Nationalsozialismus in den Weg stellten und für ihren Widerstand einen hohen Preis zahlten.

Die Leiterin der Dokumentationsstelle, Ingrid Schupetta, hat erste Informationen über Plum erhalten, unter anderem durch Briefe von Aurel Billstein, einem Widerstandskämpfer, der sich um die Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus in Krefeld verdient gemacht hat. Nachdem der Briefnachlass nun aus dem ehemaligen Freundeskreis der KPD übergeben wurde, konnte mit Rene Lehmann, einem Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neueste Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ein Historiker eingestellt werden, der die Auswertung federführend vorgenommen hat.

„Zwar konnten durch die Auswertung nicht die erhofften Forschungslücken geschlossen werden, da Plum in seinen Briefen vorwiegend nur Tagesgeschehen beschreibt“, erläutert Lehmann, „allerdings ergaben sich Erkenntnisse über den Lebensweg und das Schicksal Plums.“

Geboren 1903 in Oppum wurde Plum 1917 während des ersten Weltkriegs auf einem Pferdehof in Willich angestellt. Ab 1919 arbeitete er als Steinformer bei der Firma Silamat in Linn. Von 1924 an betätigte er sich aktiv in der kommunistischen Bewegung, trat 1930 der KPD bei und wurde 1933 Mitglied der Stadtverordneten-Versammlung in Krefeld. Nach dem Reichstagsbrand in der Nacht zum 28. Februar 1933 kam Plum von März bis September 1933 in Untersuchungshaft. Auf „Ehrenwort“ entlassen, wurde sein weiteres Wirken im kommunistischen Widerstand jedoch verraten.

1934 folgten seine Verhaftung und seine Verurteilung zu fünf Jahren Haft wegen „Vorbereitungen zum Hochverrat“. Die Haftbedingungen in der Haftanstalt Lüttringhausen beschreibt Plum als angenehm, da dort nur politische Gefangene inhaftiert waren. Er gab sich als Weber aus, konstruierte mit Billstein einen mechanischen Webstuhl, was ihm zu einem gewissen Ansehen verhalf. Nach seiner Verlegung in die Haftanstalt Butzbach klagte er über seine Mithäftlinge, die vorwiegend Berufsverbrecher waren. 1937 wurde bei einem mehrmonatigen Aufenthalt in einem Düsseldorfer Krankenhaus die Diagnose Staublunge und chronische Polyarthritis (eine schmerzhafte Gelenkserkrankung) gestellt.

Vor dem „Sterilisationsausschuss“ bestand er einen „Idiotentest“ nach dem Erbgesundheitsgesetz und entkam so der Sterilisation. Nach seiner Entlassung 1939 kehrte er nach Krefeld zurück, wo er umgehend abgefangen und als „Politischer“ ins KZ Buchenwald überführt wurde. Dort gab er sich zunächst als Maurer aus und landete im Baukommando. 1940 kam er ins Küchenkommando und stieg zum Stellvertreter des Küchen-Kapos auf (Kapo: Bezeichnung für einen Funktionshäftling). Plum berichtet in seinen Briefen von der nach Farben geordneten Hierarchie im KZ und dem Machtkampf zwischen den „Politischen“ (rot) und den „Kriminellen“ (schwarz).

Ab 1943 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand und führte zur vollständigen Lähmung vom Hals abwärts. Seine Briefe musste er nun diktieren. Bis zur Lagerbefreiung 1945 war er im Häftlingskrankenbau „Revier“ untergebracht. Plum beschreibt die sogenannte „Selbstbefreiung“ der verbliebenen Insassen, die die letzten SS-Leute überwältigten, in heroischen Worten. Nach dem Krieg kam er zurück nach Krefeld. Trotz ärztlicher Bemühungen verbesserte sich sein Zustand nicht. Dank seiner persönlichen Krankenschwester Annegret (Nachname unbekannt) und einem umgebauten Bett auf Rädern konnte er sein Krankenzimmer jedoch regelmäßig verlassen.

Plum starb im August 1950. Heute erinnert ein Stolperstein an der Lohstraße 58/60 an ihn.

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