Abi-Stoff als Songs auf der Theaterbühne

Das Kreschtheater bringt Schülern in der Fabrik Heeder sperrige Inhalte näher. Und zwar mit expressionistischer Lyrik.

Abi-Stoff als Songs auf der Theaterbühne
Foto: Dirk Jochmann

„Für mich zählte Deutsch in der Schule nicht gerade zu meinen Lieblingsfächern“, gesteht Franz Mestre. Erst die Auseinandersetzung mit dem Theater habe das Interesse des Regisseurs und Schauspielers an der Literatur geweckt. Deshalb inszeniert er derzeit eine musikalische Performance auf der Studiobühne des Kreschtheaters in der Fabrik Heeder, um Schülern sperrigen Schulstoff aus dem Abiturlehrplan spielerisch nahezubringen: „Du musst Caligari werden“. Schon seit 20 Jahren sehe sich das Kresch als Partner für kulturelle Bildung von Krefelder Schülern.

Franz Mestre, Regisseur

„Jugendliche erleben Lyrik heute in Zusammenhang mit Popsongs, oft begleitet von Videoclips“, erläutert Mestre. Das sei nichts anderes als Lyrik im Rahmen eines medialen Gesamtkunstwerks. Im Projekt werden bekannte Literaturtexte gezielt mit Klang unterlegt — mit Textmontagen zu bestimmten Themen wie Dadaismus, einer Art Revolte von Künstlern gegen die Gesellschaft und ihr Wertesystem. Für die Umsetzung hat er sich Mitstreiter für Sprache, Gesang und Video gesucht. Michael C. Kent ist der Musiker, der Erfahrung als Mitglied diverser Bands mitbringt, unter anderem als Bandleader von The Spades. Als Komponist, Produzent und Musiker soll er expressionistische Lyrik in eingängige Popsongs verwandeln.

Heiko Obermöller ist der Experte für Sprache und Gesang. Der Film- und Fernsehschauspieler arbeitet auch als Sprecher, Moderator, Autor und Puppenspieler und hat in seiner Jugend in einer Boyband gesungen sowie in internationalen Kultserien und Videoclips mitgespielt.

Als Videokünstler wurde Ludwig Kuckartz gewonnen. Er entwickelt visuelle Konzepte (Oh wie schön ist Panama) zu einem Gesamtbild aus Licht und Ton und macht Festivals für zeitgenössische Kunst wie die Ostrale in Dresden zu einem Erlebnis.

Für das Bühnenbild auf einer Breite von neun Metern ist Frank Andermahr verantwortlich. Der Boden werde so bemalt, dass man das Gefühl habe, auf einem unsicheren Untergrund zu stehen. „Das erzeugt bewusst Irritationen, die ein Kennzeichen für den Expressionismus sind“, erklärt er den Zusammenhang mit dem Titel des Bühnenstücks „Du musst Caligari werden“, was gleichbedeutend mit „verrückt“ zu setzen ist. Der expressionistische Stummfilm „Das Cabinett des Dr. Caligari“ von 1920 mit dem verrückten Direktor einer Irrenanstalt gilt als Meilenstein der Filmgeschichte.

„Theaterschaffende sind immer wieder für Überraschungen gut“, sagt Helmut Wenderoth. Der kommissarische Leiter des Kreschtheaters ist als künstlerisch Verantwortlicher von dem Projekt begeistert. Die neue Produktion lehne sich an den Abiturstoff an und werde für Schüler zu einer spannenden Geschichte mit aktuellem Bezug. Mestre sieht in der gespielten Umsetzung von Lehrplaninhalten eine große Herausforderung für alle Akteure — gegen einen langweiligen Deutschunterricht.

Der Handlungsfaden? „Der Wahnsinn führt durch das Programm“, sagt Mestre. „Das Stück erzählt viel über die Menschen und über die Verwirrung und den Schock darüber, dass man verrückt werden könnte. Schließlich ist die Welt ja verrückt.“

Die Premiere des Bühnenstücks findet auf der Studiobühne II in der Fabrik Heeder am Donnerstag, 12. April, statt. Bei einer Caligari-Nacht am 4. Juli wird anschließend auch der Stummfilm gezeigt (siehe Kasten). Wie oft das Stück in der kommenden Spielzeit aufgeführt wird, hängt nicht zuletzt vom Erfolg und dem Zuspruch von Krefelder Schulklassen ab.

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