Krefeld Krefelder Haushaltsreden: Heidi Matthias (Grüne)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, das vor uns liegende Jahr ist geprägt von zahlreichen, ambitionierten Projekten, die vieles verändern, erneuern und hoffentlich auch verbessern werden.

Krefeld: Krefelder Haushaltsreden: Heidi Matthias (Grüne)
Foto: Jochmann, Dirk (dj)



Damit meine ich nicht nur die Digitalisierung der Schulen und der Stadtverwaltung und die Schwindel erregend lange Liste der Bauprojekte wie die denkmalgerechte Totalsanierung des Stadthauses, die Sanierung und den Ausbau von Schulen, Straßen und Radwegen, die dank der KinFög- und Gute-Schule-Förderungen angegangen werden, sondern auch die tiefgreifenden Umbaumaßnahmen innerhalb der Verwaltung.

Mit Spannung erwarten wir den neuen Fachbereich „Migration und Integration“, in dem das Ausländeramt, das Integrationszentrum, die Flüchtlings- und Unterkunftsbetreuung zusammengeführt werden, um Migrantinnen und Migranten eine zentrale Anlauf-, Beratungs- und Bearbeitungsstelle für ihre Anliegen zu bieten. Mit der Arbeitsaufnahme dieses neuen Fachbereichs soll neben Verbesserungen und Verkürzungen von Verwaltungsabläufen zu Gunsten von ausländischen Bürgerinnen und Bürgern auch eine kundenorientierte, menschenfreundliche Mentalität Einzug halten, die gern auch als Willkommenskultur bezeichnet wird. Das jedenfalls hoffen wir Grüne, die ausländischen Menschen in unserer Stadt, die Migrantenverbände, die ehrenamtlichen Flüchtlingshelferinnen und Helfer und viele andere mehr.

Eine andere elementare Strukturreform stellt die Überführung der Fachbereiche Tiefbau, Grünflächen, Umwelt, Sport und Bäder in die bereits bestehende Anstalt öffentlichen Rechts dar. Auch dieser Umbau mit all seinen Konsequenzen bleibt spannend und wird Verwaltung und Politik noch weit über das Jahr 2018 hinaus beschäftigen.

Ja und dann stehen noch schwerwiegende Richtungsentscheidungen an, die das Krefelder Stadtbild womöglich stark verändern werden. Im Jahre 2018 werden wir gezwungen sein, endlich Schlüsse aus Diskussionen, Vergleichen, Berechnungen und Gutachten zu ziehen und klare Antworten auf lang gestellte Fragen zu geben.

Wollen wir das Seidenweberhaus aufgeben?
Wollen wir wieder eine traditionelle Veranstaltungshalle im Herzen der Stadt oder wollen wir ein Kesselhaus im Mies-van-der-Rohe-Park und uns damit einer neuen Veranstaltungskultur zuwenden?
Hat die Politik den Mut, endlich auch heilige Kühe auf den Prüfstand zu stellen?
Wollen wir dem Theaterplatz für künftige Entwicklungen eine Chance geben und ihn an die Innenstadt ankoppeln?
Und würden wir dafür auch die St. Anton Straße verkehrsberuhigen?
Wollen wir alles daran setzen, das historische Stadtbad Neusser Straße zu neuem Leben zu erwecken und ein vitales Zentrum in der südlichen Innenstadt zu schaffen?

Ja, es wird ein Jahr der Herausforderungen und bei alledem wollen wir ein Ziel nicht aus den Augen verlieren:

Sobald wie möglich das Haushaltssicherungskonzept zu verlassen, keine Schulden mehr zu machen, stattdessen schwarze Zahlen zu schreiben und künftig frei von Auflagen der Bezirksregierung Düsseldorf unsere Haushalte aufzustellen.

Dieses Ziel scheint mit dem Haushaltsentwurf, den der Kämmerer uns im Sommer vorgelegt hat, näher als je zu vor. Und die jüngsten Berechnungen zur Gewerbesteuerentwicklung und zu den GFG-Mitteln lassen den Haushaltsausgleich noch viel näher rücken. Wenn sich die günstigen Prognosen bewahrheiten, schreiben wir sogar noch vor 2019 schwarze Zahlen.

Der Erfolg, so auch dieser, hat viele Eltern.

Ich darf daran erinnern, dass auch wir Grüne im Jahre 2015, als der vorangegangene Haushalt noch ein Minus von 67 Mio € aufwies, mitgeholfen haben, eine Trendwende herbeizuführen.

Eine wesentliche Maßnahme zur Haushaltssicherung, die wir damals mitgetragen haben, waren Steuer- und Abgabenerhöhungen; allen voran die Anhebung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer. Die Einnahmeverbesserung, die allein durch die Anhebung der Gewebesteuer erzielt wurde, belief sich ab 2015 auf mehr als 7,5 Mio Euro mit steigender Tendenz. Ohne diese gemeinsam, gegen heftige Kritik gefassten Beschlüsse wären wir nicht da, wo wir jetzt stehen. Von diesen Entscheidungen profitieren wir heute und sie werden auch morgen und übermorgen eine unverzichtbare Rolle für den Haushaltsausgleich spielen.

Drei Jahren lang haben wir mit SPD und CDU in gemeinsamen Beratungen darum gerungen, mehr Erlöse zu erzielen und Ausgaben weiter zu verringern, ohne dabei kulturelle und soziale Strukturen in unserer Stadt zu zerstören.

Ich finde, wir haben das gut gemacht, denn wir haben eine solide Basis geschaffen, auf der jetzt aufgebaut werden kann.

In diesem Jahr haben sich CDU und SPD entschieden, die Haushaltsberatungen ohne uns zu führen.

In ihren vorgelegten Veränderungsanträgen erkennen wir durchaus die Bemühungen von SPD und CDU an, einen Schwerpunkt im Bereich Jugend und Soziales zu setzen. Leider haben sie hier nicht zu Ende gedacht.

In einer Stadt in der fast jedes vierte Kind in Armut lebt, müssen wir deutlicher gegensteuern. Die Anträge des Kinderschutzbundes, der Diakonie und Caritas, die um Mittelerhöhung für Erziehungshilfe baten, ließen Sie, Herr Reuters und Herr Winzen, bedauerlicherweise außer Acht.

Dabei müssten Sie doch wissen, wie notwendig es ist, Eltern zu unterstützen, wenn sie ganz offensichtlich mit ihrer Erziehung überfordert sind. Hier präventiv zu arbeiten, hilft verhängnisvolle Entwicklungen bei Kindern und Jugendlichen abzuwenden. Die Folgekosten, die durch Fehlentwicklungen entstehen, sind bekanntermaßen viel höher und belasten das Sozialbudget viel stärker und nachhaltiger.

Ausdrücklich begrüßen wir das Bekenntnis zum Sport und das 4 Mio Euro schwere Investitionspaket, mit dem desolate Sportanlagen in den nächsten Jahren instandgesetzt werden sollen.

Was wir allerdings dabei nicht verstehen:

Wieso scheuen Sie die Kosten für eine externe fachliche Unterstützung für ein Sportentwicklungskonzept, das eigentlich die Voraussetzung für sinnvolle Investitionen wäre? Andere Kommunen waren damit sehr erfolgreich! Solch ein lange überfälliges Konzept könnte uns nämlich definitiv sagen, in welche Sportstätten es überhaupt Sinn macht zu investieren, weil sie auch in den nächsten Jahrzehnten unverzichtbar bleiben. Es würde uns aber auch sagen, welche Sportanlagen wir langfristig aufgeben können, weil sich z.B. der Bedarf an dieser Stelle geändert hat oder eine benachbarte Anlage durch gezielte Ertüchtigung stärker mitgenutzt werden kann. Hier, also bei der Erstellung eines Sportentwicklungskonzeptes, zu sparen, bringt uns keinen Schritt in Richtung einer sinnvollen Planung weiter.

Die optimistischen Prognosen, die uns der Kämmerer lieferte, gibt uns trotz aller nicht auszuschließenden Risiken einigen Spielraum, den Sie in ihren Anträgen in den unterschiedlichsten Bereichen wie Brauchtumspflege, Zuschüsse für den Rennverein, Sanierung von Straßen und Radwegen etc. ja auch genutzt haben.

Schade, dass Sie angesichts dieser Bewegungsfreiheit nichts für die Profilierung Krefelds als fahrradfreundliche Stadt getan haben. In Anbetracht von Feinstaub-, Co2- und Lärmbelastung in unserer Innenstadt ist es längst an der Zeit, den klimafreundlichen Verkehrsteilnehmern bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Unser Programm zum Ausbau und Umbau des Fahrradstraßennetzes würde mehr Menschen ermutigen auf das Rad umzusteigen und dazu beitragen, die Luft in unserer Stadt zu verbessern und den motorisierten Verkehr zu reduzieren.

Schade auch, dass Sie einen Teil des Spielraums, den der Haushalt uns bietet, nicht für die Wiedereinführung der Denkmalförderung verwenden wollen. Gerade im Hinblick auf das Bauhausjahr 2019, das wir in Krefeld groß feiern wollen, käme ein Bekenntnis zu unserer historischen Bausubstanz gut an. Aber hier beweisen Sie Kleinmut und verzichten gleichzeitig auf eine 50%ige Kofinanzierung durch das Land.

Einen Anflug von Großzügigkeit hätten wir uns auch bei der Förderung nicht-städtischer Kulturarbeit gewünscht. Hier die 10%ige Kürzung wieder zurückzunehmen, hätte dem Kulturbüro erlaubt, wieder mehr Projekten aus der freien Szene eine Anschubfinanzierung zu gewähren. Wir meinen: In einer Stadt, die über fünf Museen verfügt, die ein Gemeinschaftstheater mit derzeit 12,7 Mio Euro und ab 2020 mit 14,6 Mio Euro finanziert, sollten die Kulturträger ohne Anbindung an städtische Institute auch einen gewissen Stellenwert haben.

Und wenn ich schon beim Thema Stellenwert bin, so erlaube ich mir, meinen Unmut darüber zu äußern, dass unserem Integrationsrat auch in diesem Jahr kein Budget zur eigenen Verfügung zugebilligt wird, das ihn in die Lage versetzt, Initiativen und Vereine zu fördern, die nachweislich Integrationsarbeit in unserer Stadt betreiben. Es wäre für wenig Geld ein starkes Zeichen der Wertschätzung gewesen, den Integrationsrat finanziell mit den Bezirksvertretungen gleichzustellen.

Ich möchte jetzt nicht fortfahren mit der Aufzählung von Versäumnissen, die Sie ohne Not innerhalb dieses Haushaltes begehen. Stattdessen gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die eine oder andere gute Idee von uns ja doch noch aufgegriffen wird.

Wie z.B. den Neubau der Zoobrücke früher als geplant anzugehen und sie durch Verschiebungen in den KinFög-Paketen zu finanzieren. Die für unser Radverkehrsnetz elementare, aber marode, nicht mehr den Sicherheitsstandards entsprechende Brücke, die zudem ein großes Einbruchsrisiko für den Zoo darstellt, könnte so bereits im kommenden Jahr in Angriff genommen werden und das mit einem geringen Eigenanteil von 10%.

Unterm Strich werden Sie vermutlich nicht überrascht sein, wenn wir diesem Haushalt nicht zustimmen können, auch wenn wir ihn in seinen Grundzügen und vielen einzelnen Positionen begrüßen.

Leider nämlich enthält er noch immer mehr als nur Schönheitsfehler:

Genannt seien nur

- die Bebauung und damit Vernichtung von fast 30 Hektar wertvollem Ackerboden in Fischeln-Südwest,
- die ebenfalls Landschaft verschlingende Erschließungsstraße, die den Fischelner Osten an die Hafelstraße anbinden soll und
- nicht zuletzt eine Erhöhung der Mittel für die Seidenweberhaus GmbH, die unserer Meinung nach einem verdeckten Sponsoring des KEV geschuldet ist.

Da der Haushalt diese für uns nicht tragbaren Positionen enthält und überdies unsere Anträge unberücksichtigt blieben, werden wir — wie schon gesagt — dem Haushalt 2018 nicht zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Hier geht es zu den Reden der anderen Fraktionschefs.

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