Historie Krefelder findet Grabsteine im Garten

Die Besitzer eines Grundstücks in Hüls haben Reste von Grabsteinen in ihrem Garten ausgebuddelt. Sie könnten das Rätsel um den jüdischen Friedhof lösen.

Historie: Krefelder findet Grabsteine im Garten
Foto: Archiv Bischof

Krefeld. Als die Besitzer eines Grundstücks im Hülser Bruch mit den Umbaumaßnahmen an ihrem Anwesen beginnen, trauen sie ihren Augen nicht. In der Erde des Gartenbereichs werden große Steinfragmente sichtbar. In dem tiefen Erdboden finden sie immer mehr zum Teil verzierte Steine. Schnell ist klar, es handelt sich um die Reste von Grabsteinen. Diese müssen vor Jahrzehnten im Bereich des Anwesens verbaut worden sein. Doch die große Frage, die sich seitdem nicht nur die Grundstücksbesitzer stellen, lautet: Woher stammen die Grabsteine?

Das Thema beschäftigt seit mehreren Wochen auch den Kultur- und Denkmalausschuss der Stadt. So berichtete Denkmalpfleger Gerhard Hanisch in der Sitzung am 2. Mai von aus der Bürgerschaft zugeschickten Fotos, auf denen Fragmente von Grabsteinen zu sehen seien. Aufgrund der starken Bemoosung der Steine sei eine weitere Zuordnung der Grabmale nicht möglich. Ein Bürger hatte sich nach Aussage von Hanisch — ohne Angabe des Fundortes — an den Denkmalausschuss gewandt, um die These überprüfen zu lassen, dass es sich bei den gefundenen Steinfragmenten um ehemalige Grabsteine eines jüdischen Friedhofs in Hüls handeln würde.

Anlass zu dieser Vermutung sollen auf der einen Seite auf den Grabsteinen gefundene hebräische Schriftzeichen und auch mögliche Symbole des jüdischen Glaubens geben, auf der anderen Seite die nie aufgeklärte Geschichte über das Verschwinden jüdischer Grabsteinen von einem Friedhof in Hüls.

Dabei soll es sich um einen bereits zu einem frühen Zeitpunkt (Juden lebten etwa seit Mitte des 17. Jahrhunderts in Hüls) in Hüls angelegten jüdischen Friedhof im Bereich der heutigen Klever Straße (früher Moersische Straße) handeln. Laut dem Judaisten und Historiker Michael Brocke wurden 95 Prozent der dortigen Friedhofsfläche 1937 an einen ansässigen Privatmann verkauft. „Dass es sich dabei um einen Zwangsverkauf gehandelt hat, versteht sich. In den folgenden Jahren wurden sämtliche Steine entfernt, über ihre Anzahl und ihren Verbleib ist nichts bekannt“, schreibt Michael Brocke, der Leiter des Salomon-Ludwig-Steinheim-Instituts für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen ist, in seinem gemeinsam mit Aubrey Pommerance verfassten Buch Krefelder Studien, Band 11 „Steine wie Seelen“.

Und auch der Historiker Werner Mellen erklärt in seinem Buch „Juden in Krefeld-Hüls“, dass es keinen Hinweis auf einen Verbleib der Grabsteine des ehemaligen jüdischen Friedhofs gebe. Könnten es die im Hülser Bruch gefundenen Steine sein?

Nach Informationen der Westdeutschen Zeitung hat das Steinheim-Institut auf den Fundstücken bereits vor geraumer Zeit hebräische Buchstaben identifiziert. Aktuell sind auch Experten aus Krefeld mit dem Thema betraut. So werden sich Vertreter der Unteren Denkmalbehörde und des Archäologischen Museums Burg Linn in der kommenden Woche — mit Zustimmung des Grundstücksbesitzers — vor Ort ein Bild von den gefundenen Fragmenten machen.

In der vergangenen Sitzung des Denkmalausschusses hatte Ratsfrau Stefanie Neukirchner (CDU) ergänzend festgestellt, dass der Friedhof im Bereich des umstrittenen B-Plans 550 liegen würde und die Chance bestehe, früher begangenes Unrecht zu heilen.

Auf Anfrage wollten sich weder die jüdische Gemeinde in Krefeld noch Vertreter der Stadt offiziell zu den aktuellen Untersuchungen rund um die Grabsteine äußern.

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