Meinung Krefeld muss Haltung zeigen

Die Hupkonzerte über Erdogans Referendums-Sieg offenbaren eine Doppelmoral, die perfide ist. Die Hupenden hier sind nicht Erdogans Unterdrückung ausgesetzt.

Meinung: Krefeld muss Haltung zeigen
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Hupkonzerte zur Huldigung eines cholerischen Nationenspalters in Krefelds Südstadt. Wer Erdogan feiert, feiert die Todesstrafe, Unterdrückung, Verfolgung und gibt die eigenen Menschenrechte aus der Hand. Und vor allem die anderer. Offenbar haben sechs von zehn aller wahlberechtigten Türken in Krefeld mit „Evet“ gestimmt. Die Konsequenzen müssen sie selbst nicht tragen, das ist perfide.

Man muss kein rechter oder linker Schreihals sein, um diese Doppelmoral zu verurteilen. Es sind Menschen, die hier den Schutz des demokratischen Sozialstaats nutzen und genießen. Die ihre Heimat oder die ihrer Väter, wo sie vielleicht mal Urlaub machen, aber in eine Diktatur stoßen. Sie sollen überlegen und erklären, warum sie für sich selbst den deutschen Rechtsstaat vorziehen. Oder sich konsequenterweise künftig dem türkischen Präsidialsystem unterstellen.

Das gilt insbesondere für Türkischstämmige, die sich in den Krefelder Stadtrat haben wählen lassen, der auf genau diesem Grundgesetz fußt. Sie sind jetzt in der Pflicht, sich zu positionieren für Werte, die vom Gros ihrer Landsleute in Krefeld laut Referendum abgelehnt werden. Politik ist nämlich keine Privatsache. Damit auch das klar ist: Das Ergebnis, sollten auch unabhängige Beobachter es am Ende für gültig erklären, ist zu akzeptieren. Aber gerade jetzt geht es im demokratischen Krefeld um eine deutliche Haltung.

Dabei dürfen wir nicht den Fehler machen, alle und alles in einen Topf zu werfen. Ein Moscheebau in Krefeld hat nichts mit der Politik in Ankara zu tun, „die Türken“ sind eine hochkomplexe, heterogene Community, ein wichtiger, bereichernder Teil unserer Gesellschaft, der auch in Krefeld zutiefst gespalten und misstrauisch ist. Gewerkschaften, Politik, Medien, wir alle müssen den offenen, ehrlichen Dialog fördern. Eigentlich schon seit gestern.

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