Smartphone Keimschleuder Handydisplay

Auf Smartphone-Oberflächen befinden sich Millionen Viren. Experte warnt vor Panikmache.

Krefeld. Wer im Internet die Suchwörter „Bakterien“ und „Smartphone“ eingibt, stößt auf zum Teil extrem eklige Berichte. Von „Keimschleudern“ ist die Rede. Nach dem Motto: Beim Telefonieren ist man nie allein, Millionen Bakterien und Viren „hören mit“. Studien werden zitiert, die in vielen Fällen sogar Spuren von Fäkalien auf den Geräten nachgewiesen haben. Entsprechende Vergleiche mit „Kloschüsseln“ sind ebenfalls im Netz zu finden. Auch andere Geräte des täglichen Lebens, die ein großes Display besitzen, lösen bei manchen Nutzern ein Unbehagen aus: Was fasse ich da eigentlich an?

Professor Dr. Jan Ohme, Dozent an der Hochschule Niederrhein und Experte für Hygiene und Reinigung, sieht dagegen zumindest keine größere Gefahr durch Smartphones, Tablet-Computer und Touchscreen-Bildschirme an Geld- oder Ticketautomaten. „Diese neueren Oberflächen unterscheiden sich im Hinblick auf die Keimlast in der Regel nicht von anderen Oberflächen in der Öffentlichkeit wie Türklinken oder Handläufen“, sagt er. Keimlast ist nichts anderes als die Menge an winzigen Organismen auf einer bestimmten Fläche, wie sie auch in der normalen Umgebung vorkommen. Wer häufiger mit dem Handy telefoniere, so Ohme, sei nicht häufiger krank.

Dabei will er das allgemeine Ansteckungsrisiko, etwa durch Grippe, aber auch Durchfallerreger, nicht herunterspielen. Durch Übertragung durch die Luft (Niesen, Husten) oder den direkten Kontakt (etwa Händeschütteln) komme es zur Übertragung von Krankheitserregern. Und solche Keime können auch auf Displays zu finden sein. Auch ein begrenzter Nutzerkreis könne das nicht verhindern. „Denn auch wenn nur eine Person allein auf dem Handy tippt und wischt, berührt sie doch auch unzählige andere Dinge, die wiederum zuvor von vielen fremden Händen angefasst worden sind.“ Soweit, so schlecht.

Aber: „Man lutscht ja nicht am Handy“, sagt der Hochschul-Dozent. Sprich: Der relevante Kontakt zu den Schleimhäuten in Nase oder Mund kommt seiner Erklärung nach vorwie-gend erst durch die eigenen Hände zustande. Deshalb sei es wichtig, diese „aus dem Gesicht zu lassen“ und sie regelmäßig ordentlich zu waschen und bei Erkrankungswellen zu desinfizieren. Das sei vor allem nach dem Besuch kritischer Orte wie etwa Krankenhäusern wichtig. „Man kann sich schließlich nicht zuhause einschließen. Wir Menschen sind für eine aseptische Lebensweise nicht geeignet.“

Bei Grippewellen rät Professor Ohme sogar zu einem gewissen Grad der Unhöflichkeit: „Einfach mal aufs Händeschütteln verzichten. Man kann sich ja auch freundlich zunicken.“

Aber eine Auszeit vom allgegenwärtigen Smartphone? Das muss seiner Meinung nach nicht sein. Auch Reinigungsaktionen an I-Pad und Co. seien im Alltag wenig praktikabel. „Man müsste ja pausenlos die Oberflächen reinigen oder desinfizieren.“

Der Wissenschaftler wählt hinsichtlich des Risikos, sich beim WhatsApp-Tippen eine Erkältung einzufangen, einen jecken Vergleich: „Sie können an 365 Tagen im Jahr mit der S-Bahn durch die Gegend fahren und dabei munter mit dem Smartphone hantieren. Das ist meiner Meinung nach nicht annähernd so gefährlich wie zwei Karnevalstage in der Kölner oder Düsseldorfer Altstadt.“

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