Interview mit Sparkassenchefin Roos „Was wir tun, das funktioniert“

Sparkassenchefin Birgit Roos über niedrige Zinsen, das große Filialnetz und eine Ausschüttung an die Stadtkasse.

Interview mit Sparkassenchefin Roos „Was wir tun, das funktioniert“
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Viele Sparkassen werden den Konkurrenzkampf nicht überleben — zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine Studie von Wirtschaftsprofessor Bernd Nolte, Chef der Beratungsfirma 4P Consulting. Zu diesem und anderen Themen hat die WZ bei Birgit Roos, Chefin der Sparkasse Krefeld, nachgefragt.

Professor Bernd Nolte sagt in einer Studie, dass viele Sparkassen und Volksbanken wegen der Niedrigzinsen in ihrer Existenz bedroht sind. Stimmt das?

Roos: Wer ist Professor Nolte? Ich halte die Studie für nicht sehr fundiert.

Sind die dauerhaft niedrigen Zinsen also kein Problem?

Birgit Roos: Das habe ich nicht gesagt. Vor allem für Lebensversicherungen und Pensionskassen, die für die Altersvorsorge der Deutschen sehr wichtig sind, ist die Lage schwierig. Wir wünschen uns sehr, dass die Sparer bald wieder mehr für ihr Geld bekommen.

Wie schaffen Sie denn den Spagat, dass die Kunden ihr Geld nur kurzfristig anlegen möchten, bei Krediten die niedrigen Zinsen aber langfristig festschreiben wollen?

Roos: Das ist für uns in der Tat eine Herausforderung. Aber das müssen Banken eben leisten. Und das kriegen wir auch hin. Im Privat- und Firmenkundengeschäft sind wir in der Region Marktführer und wollen es bleiben.

Ihre rund 1700 Mitarbeiter in 80 Filialen müssen also nicht um ihre Arbeitsplätze fürchten?

Roos: Nein, das müssen sie nicht. Unser Geschäftsmodell stimmt. Was wir tun, das funktioniert. Die Kunden kommen in unsere Filialen und wünschen Beratung, sei es bei Wertpapiergeschäften oder Baufinanzierungen. Und sie sind bereit, dafür einen Preis zu zahlen.

Sparkassenkunden wandern demnach nicht massenhaft zu den preisgünstigen Direktbanken ab?

Roos: Nein, das tun Sie nicht. Wer seine Geschäfte online erledigen möchte, findet bei der Sparkasse entsprechende Angebote. Im Electronic Banking Center stehen zudem von 8 bis 20 Uhr Berater zur Verfügung — telefonisch, per Mail oder im Chat. Das ist kein Callcenter irgendwo in Übersee, sondern eine Dienstleistung aus Krefeld.

Die Stadt muss mit dem Nothaushalt leben. Sollte nicht wie in Wuppertal oder Düsseldorf ein Teil des Sparkassengewinns in den Haushalt fließen?

Roos: Darüber entscheidet der Verwaltungsrat, nicht der Vorstand. In Krefeld gibt es eine Tradition, die Vereine und Institutionen im Gebiet unserer Träger durch Stiftungsgelder, Spenden und Sponsoring zu unterstützen und nicht den Träger über Ausschüttungen.

Wäre es jetzt nicht an der Zeit, das zu ändern?

Roos: Das sehe ich nicht so. Ich hoffe, dass der Verwaltungsrat zur Stärkung unseres Eigenkapitals an seiner Linie festhält.

Gibt es eine Lösung für ihr Haus an der Friedrichstraße? Das Gebäude verfällt.

Roos: Wir sind in intensiven Gesprächen mit Partnern. Die letzten Büros werden in diesen Tagen geräumt. Das schafft neue Spielräume. Aber den Filialstandort geben wir auf keinen Fall auf.

Eigenes Geld für einen Neubau nehmen Sie demnach nicht in die Hand?

Roos: Unser Konzept sieht vor, das 3000 Quadratmeter große Grundstück zeitnah zu verkaufen.

Fühlen Sie sich als Sparkasse städtebaulich nicht in der Verantwortung?

Roos: Wir haben mit dem Neubau des Bürogebäudes an der Rheinstraße und der Kernsanierung des Atriumgebäudes an der Neuen Linner Straße bereits rund 50 Millionen Euro investiert und damit wichtige städtebauliche Akzente gesetzt.

Frau Roos, Sie verdienen etwa 470 000 Euro im Jahr. Die Bundeskanzlerin muss sich mit 250 000 Euro begnügen. Wie bewerten Sie das?

Roos: Ich wollte nie Bundeskanzlerin werden . . . Ernsthaft: Die Bezüge von Sparkassenvorständen bilden sich im Wettbewerb. Schauen Sie sich an, was die Vorstände in anderen Banken und Unternehmen verdienen. Ich finde die Bezahlung des Sparkassenvorstandes angemessen. Mit dem Gehalt der Bundeskanzlerin lässt sich das nicht vergleichen.

Die Sparkasse hat einen vierköpfigen Vorstand. Reichen nicht wie bei den Stadtwerken zwei Vorstandsposten?

Roos: Nein, bei der Komplexität unseres Hauses wären zwei Vorstände nicht genug.

Sie sind jetzt fast zwei Jahre Chefin der Sparkasse. Was hat Sie in Krefeld am meisten überrascht?

Roos: Das kreative Potenzial ist größer als gedacht. Und das kulturelle Angebot finde ich herausragend.

Spielt sich auch Ihr Privatleben in Krefeld ab?

Roos: Ja, hier wohnen gute Freunde von uns. Mein Mann ist ja in Krefeld aufgewachsen, und ich bin hier zur Schule gegangen. Hier verbringen wir viel Freizeit, hier gehen wir einkaufen. Außerdem habe ich die Pinguine liebgewonnen. Die Leidenschaft der Zuschauer im König-Palast ist grandios.

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