Krefeld IG Metall: Dekaden voller Streik und Kämpfe

Zurück in die Vergangenheit: Die IG Metall feiert in einer Ausstellung im Foyer der Volkshochschule 125 Jahre Arbeiterbewegung in Krefeld.

Krefeld. Willi Claessen ist Ex-Gewerkschaftssekretär. Zusammen mit der Historikerin Irene Feldmann führt er durch die aktuelle IG-Metall-Ausstellung, die im Jahr 1891 mit der Gründung des Metallarbeiterverbandes beginnt. Es ist eine Geschichte der Auseinandersetzungen im frühen und späteren Kapitalismus. Streiks und Kämpfe um soziale Verbesserungen prägen diese Zeit. „Errungenschaften, die nicht vom Himmel gefallen sind, sondern hart erarbeitet und erkämpft werden mussten“, merkt Feldmann an.

Im Widerstand ab 1933 gegen das Nazi-Regime würdigt Claessen, der „Hardliner“, wie er sich selbst bezeichnet, den Kommunisten und Metaller Aurel Billstein. Für die Historikerin ist der Ehrenbürger der Stadt „einer der großen Männer des Widerstandes gegen den Faschismus in Krefeld.“ Der Kampf um den Acht-Stunden-Tag, später die 35-Stunden-Woche, gegen die Vernichtung von Standorten und Arbeitsplätzen und nicht zuletzt die wieder hochaktuelle Anti-Rassismus-Kampagne der IG Metall („Mach meinen Kumpel nicht an“) sind weitere Stationen der Zeitreise.

Sie münden in die vom stellvertretenden Krefelder WZ-Redaktionsleiter Michael Passon sachkundig moderierte Diskussion, die ganz ohne Podium auskommt und ganz nah bei den rund 50 Zuhörern ist. Damals wie heute, so Georg Bongen, 40 Jahre lang Gewerkschafter und Betriebsratsvorsitzender bei den Thyssen-Edelstahlwerken, war „die Arbeit der ehrenamtlichen Vertrauensleute, Betriebsräte und Jugendvertretungen Rückgrat und Stärke der IG Metall vor Ort.“ Passons Verweis auf die am Niederrhein ausgeprägtere Partnerschaftshaltung in einem „tiefschwarzen Hinterland“ als im Ruhrgebiet kontert Bongen so: „Die Kollegen dort sind vielleicht lauter als wir am Niederrhein. Aber wir brauchen uns nicht zu verstecken. Die IG Metall ist eine große Familie.“

Willi Claessen ergänzt: „Am Ende jedes Kampfes steht immer ein Kompromiss. Aber wenn es kein Ergebnis gibt, dann muss der Hammer fallen. Das gilt auch heute noch.“

Hochaktuell lenkt Passon die Diskussion auf Krefelder Problembetriebe wie Siemens oder Siempelkamp und erhält Antworten von kompetenter Seite. Für den Zugbauer Siemens in Uerdingen stellt Vertrauenskörperleiter Jens Köstermann fest, dass die Auftragbücher bis 2018 gefüllt seien. Der Brexit, Englands Abschied von Europa, und türkische Irritationen verursachten Sorgen in Uerdingen. „Aber unsere Kollegen sind heute zu über 50 Prozent in der IG Metall organisiert. Und unsere Mitgliederwerbung läuft gut. In den letzten Monaten sind rund 600 bis 700 neue Mitglieder der IG Metall geworden.“

Erfrischend war der Auftritt von Dominik Jejkal, Student der Politikwissenschaften und Mitglied der Jugendorganisation der IG Metall — mit 220 000 Mitgliedern die größte politische Jugendorganisation Deutschlands. Er findet, dass Gewerkschaften ganz und gar nicht verstaubt sind: „Natürlich gibt es grad in meiner Generation populärere Themen, aber es ist schon so, dass mein Bekanntenkreis durchaus Interesse zeigt. Ob man sich dann selbst engagiert, ist natürlich was anderes. Wir können ja gut argumentieren. Vieles, was gerade junge Arbeitnehmer heute als Standard erleben, gäbe es ohne Gewerkschaften gar nicht.“

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