Haushaltsloch: „Lügen ist im Wahlkampf erlaubt“

SPD begründet, wieso sie ihre angekündigte Klage nicht eingereicht hat.

Krefeld. Bernd Scheelens Vertrauen in den Rechtsstaat ist nachhaltig erschüttert. Einer der führenden Verwaltungsrechtler Deutschlands, Dr.Klaus Schmiemann, hat den SPD-Parteichef darüber informiert, dass Privatpersonen und Wahlbewerber ein Recht zur Lüge, zur Täuschung und sogar zur Diskreditierung des politischen Gegners bis zur Grenze der Wahlstraftatbestände gemäß Strafgesetzbuch haben.

"Deshalb haben wir unsere Klage gegen die Wahl von Oberbürgermeister Gregor Kathstede zurückgezogen", begründet Scheelen den Schritt (die WZ berichtete).

Die SPD wirft Kathstede Wahlbetrug vor. Der habe vor der Kommunalwahl mündlich vor Publikum und schriftlich einer Wählerin mitgeteilt, dass "der Haushalt strukturell ausgeglichen ist". Kurz nach der Wahl tauchte ein 60-Millionen-Euro-Defizit auf. Das habe der OB laut Scheelen auch bereits vor der Wahl gewusst.

Doch da er "diese Lüge" als Privatperson im Wahlkampf und nicht als Amtsträger gemacht habe, konnte Schmiemann der SPD nicht zur Klage raten. Diese Position hatte auch schon Rechtsdezernentin Beate Zielke im Rat vertreten.

Der Wahlprüfungsausschuss hatte ebenso wie später die Mehrheit im Rat den Antrag der SPD abgelehnt, die Wahl zu wiederholen. Noch in der Sitzung hatte die SPD eine Klage gegen den Beschluss angekündigt. Die Frist hat sie allerdings wegen der geringen Erfolgsaussichten jetzt verstreichen lassen.

Dennoch bestehen für Scheelen und die Sozialdemokraten weiterhin keine Zweifel daran, dass der Oberbürgermeister zur Finanzsituation gelogen hat. "Hätten wir die Aussage zum strukturell ausgeglichen Haushalt schriftlich auf seinem offiziellen amtlichen Briefkopf, dann hinge er jetzt am Fliegenfänger." Und die SPD hätte geklagt.

Trotz des 60-Millionen-Euro-Defizits hat der Regierungspräsident den Haushalt 2009 inzwischen genehmigt und ihm bescheinigt, dass er rechtlich als ausgeglichen gilt. Das Loch sei nämlich durch die vorhandene Rücklage gedeckt.

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