Gesundheitskarte: Stadt fürchtet Kosten

Die Nachbarstadt Moers hat die medizinische Versorgung von Flüchtlingen umgestellt und hofft auf finanzielle und personelle Einsparungen. Krefeld rechnet hingegen mit einer halben Million Euro Mehraufwand.

Gesundheitskarte: Stadt fürchtet Kosten
Foto: dpa

Krefeld. Für Flüchtlinge ist der Weg zur medizinischen Versorgung bürokratisch und schwierig. Darunter leidet oft die Gesundheit. Seit dem 1. April erhalten Flüchtlinge, die weniger als 15 Monate in Deutschland leben, in Moers und Köln eine elektronische Gesundheitskarte. Damit können sie bei akuten Schmerzen direkt zu einem Allgemeinmediziner oder Zahnarzt gehen. Auch die Stadt Krefeld überlegt, ob sie für die derzeit 3500 hier Zuflucht suchenden Menschen diese Karte einführen soll.

Eine entsprechende Vorlage wird derzeit für den Sozialausschuss Mitte Mai erarbeitet. Der Rat soll darüber am 2. Juni abschließend entscheiden. Während hier noch die Argumente für und wider abgewogen werden, hat sich die benachbarte Stadt Moers schon für die Einführung entschieden. „Wir versprechen uns personelle und organisatorische Erleichterungen davon“, sagt Jugendamtsleiter Michael Rüddel.

Mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte könne zum Quartalsanfang jetzt der Ansturm in der Moerser Verwaltung vermieden werden. Ungefähr 1400 Flüchtlinge hatten bislang in den ersten Tagen des Quartals den Behandlungsschein persönlich abgeholt. Dabei sei es schwierig gewesen, fachlich geeignetes Personal einzusetzen, das über die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung auch entscheiden konnte. „Durch die Einführung der Gesundheitskarte mussten wir kein neues Personal einstellen“, sagt Rüddel erleichtert.

Ein Jahr lang will die Nachbargemeinde die Kartennutzung testen und dann die Kosten gegenüberstellen. „Die Krankenkassen fordern für die Karte acht Prozent Abrechnungskosten von den jeweiligen Städten“, erklärt Rüddel. Man wolle sehen, ob sich das auf Dauer rechne.

Wolfram Gottschalk hat da so seine Zweifel. Der Leiter des Fachbereichs Soziales rechnet für Krefeld mit Mehrausgaben von rund einer halben Million Euro bei rund 3000 Personen, die Krankenschutz genießen. Dabei ändere sich nichts an den eingeschränkten Behandlungsleistungen für Flüchtlinge. Die Stadt müsse aber gegenüber der Krankenkasse finanziell in Vorleistung treten und die Kosten von zehn Euro pro Karte übernehmen.

Im Gegensatz zu Moers habe Krefeld bereits seit 20 Jahren ein eigenes Aufgabengebiet bei der Stadt, um die Kosten für die Gesundheitsversorgung zentral abzuwickeln. Darüber seien Rabattierungen bei Medikamenten wie auch Pauschalen mit Krankenhäusern verhandelt worden. „Deshalb sehe ich in der Einführung der Gesundheitskarte kein Einsparpotenzial“, sagt Gottschalk.

Wegen der Zunahme der Flüchtlinge hat die Stadt inzwischen die Ausgabe der Krankenscheine automatisiert. Sie werden jetzt an diejenigen, die eine eigene Wohnung haben, per Post verschickt und an die anderen in den Sammelunterkünften persönlich verteilt. Nur noch bei ärztlicher Behandlungen über den Akutfall hinaus müssen laut Gottschalk die Flüchtlinge im Amt eine entsprechende Zustimmung einholen.

Dr. Martina Deselaers begrüßt die Einführung der Gesundheitskarte. Die Allgemeinmedizinerin und Vorsitzende des Vereins Helfende Hände sieht Vorteile für die behandelnden Praxen und die Flüchtlinge. Die Krankenscheine müssten nicht mehr aufwendig mit der Hand in der Praxis eingegeben werden, und die Flüchtlinge würden den Schein nicht mehr so oft vergessen. Auch ginge es bei einem medizinischen Notfall künftig schneller. Würden derzeit beispielsweise Herzbeschwerden diagnostiziert, müssten die Patienten bislang zuerst beim Gesundheitsamt der Stadt die Genehmigung für weiterführende Untersuchungen einholen. Im Ernstfall zähle aber jede Minute.

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