Germanwings: WZ-Chef spricht über Ethik

Über Grenzen im Journalismus sprach Ulli Tückmantel vor dem Marketingclub.

Germanwings: WZ-Chef spricht über Ethik
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Chronik einer Katastrophe — diesmal aus Sicht einer Nachrichtenredaktion: WZ-Chefredakteur Ulli Tückmantel hat am Donnerstag vor dem Marketingclub am Beispiel des Germanwings-Absturzes im März über Ethik im Journalismus gesprochen.

Zuerst lässt Tückmantel die Ereignisse am Morgen des 24. März vor den Zuhörern in der Kulturfabrik noch einmal Revue passieren. Dann schwenkt er um in die Redaktionskonferenz der WZ und zur Recherche-Anweisung: „Betroffene aus der Region soweit möglich identifizieren.“

Am nächsten Tag sind die Kollegen damit ein ganzes Stück weiter. Es ist klar, dass beide Piloten in Düsseldorf Wohnsitze hatten, wo die Ehefrauen arbeiten, wo die Kinder in die Kita gehen. Aber es wird auch immer deutlicher, dass einer von beiden vermutlich ein tragischer Held und der andere der schlimmste regionale Massenmörder seit Peter Kürten, dem „Vampir von Düsseldorf“ ist.

Die Strategie der WZ lautet fortan: Klare Trennung von Recherche und Entscheidung über die Veröffentlichung. Die Reporter beschaffen alle Informationen, die legal erreichbar sind, doch bewertet werden sie von anderen Redakteuren am Newsdesk.

Auf der Basis des juristischen und ethischen Rahmens (Publizistische Grundsätze, Pressecodex usw.) hat die WZ entschieden, alles zu vermeiden, was nachrichtlich nicht notwendig ist, aber identifizierende Wirkung haben kann; keine Namen; keine Nahaufnahmen von Trauernden. Diese Haltung wird gegenüber dem Leser auch thematisiert und von vielen von ihnen auch geschätzt, was zahlreiche Reaktionen belegen.

„Drei Dinge haben wir aus der Katastrophe gelernt“, sagt Tückmantel: „dass die Leser eine klare Vorstellung haben, für welchen Journalisnus die WZ steht; wer keine klare Haltung hat wird von den Ereignissen getrieben — und zwar in die Irre; der beste Schutz gegen falsch verstandenen Wettbewerb in einer dramatischen Nachrichtenlage ist die Trennung von Autoren und Editoren, sowie ein kollegialer Negativ-Test.“

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