Ganz schön schräge Bescherung

Beim Last-Minute- Schrottwichteln der WZ bleiben keine Weihnachtswünsche offen.

Ganz schön schräge Bescherung
Foto: Andreas Bischof

Hanni Jansen trägt ihre neue 3D-Designer-Brille nicht nur mit Fassung, sondern auch mit viel Selbstbewusstsein. Und Stil. Gleich zwei Exemplare mit dicken schwarzen Rahmen hat sie an der WZ-Weihnachtsmarktbude aus dem Geschenkpapier geschält. Zugegeben: Der Hipster von heute bevorzugt eher runde Formen. Fürs Schrottwichteln der WZ eignen sich die Brillen vom Kinobesuch vor fünf Jahren aber hervorragend. Hanni Jansen bedankt sich höflich: „Ich komme gerade vom Augenarzt. Aber die dreh’ ich doch lieber meiner Tochter an.“

Gute Idee! Wer noch ein passendes Geschenk für seine Liebsten sucht, ist beim vorweihnachtlichen Last-Minute-Schrottwichteln der WZ goldrichtig. Schließlich ist morgen schon Bescherung. „Das ist doch eine Supersache. Manchmal sind Dinge, die man selbst niemals braucht, für andere nützlich“, sagt Helen Jonas und meint damit die grässliche mintgrüne Kerze, die man praktischer Weise gleich mit Ständer abfackeln kann. „Ich bin froh, dass ich dieses unsägliche Weihnachtsgeschenk, das mir meine Cousine vor drei Jahren geschenkt hat, endlich loswerde.“ Damit auch ganz sicher jemand zugreift, hat sie es in extra hübsches Papier verpackt. Britta van Es ist tatsächlich Feuer und Flamme. Sogar für den Inhalt. „Sowas habe ich noch nie gesehen! Das ist genau meine Farbe.“ Für sie fällt die Kerze in die Kategorie „würde man sich nie kaufen, ist aber als Deko-Objekt ganz nett“. Nur: „Wenn man die einmal anzündet, ist die Freude kurz.“

Bei anderen währt die Freude übers Geschenk länger. Viel länger. Claire Neidhardt kann sich vor Begeisterung über ihr neues Riesenfeuerzeug kaum halten: „Damit kann ich die nächsten zehn Jahre den Adventskranz anzünden — mindestens.“ Auch Uli Cloos, Chef des Stadtmarketings, hat sich an den WZ-Weihnachtsmarktstand geschlichen. Bescheiden wählt er das kleinste aller Geschenke aus. „Ich bin der Reißer, wenn ich auspacke“, sagt er und zaubert — juchu — einen knallroten Lippenstift aus der Verpackung. Ausprobieren möchte er ihn allerdings nicht, nicht mal fürs Foto. „Der ist so schön, den bekommt meine Frau zu Weihnachten.“

Birgit Cronenbroeck macht aus der Auswahl des perfekten Wichtelgeschenks eine Wissenschaft: Jedes einzelne Päckchen tastet sie fachmännisch ab, um sich dann für eins zu entscheiden, in dem die Expertin „so etwas wie einen Weihnachtsstiefel“ herausgefühlt haben will. Derweil ist Hannelore Rönschs Begeisterung über das gerade ausgepackte Gutscheinbuch wirklich echt. Und dann überschlagen sich an der Weihnachtsmarktbude die Ereignisse: Aus Birgit Cronenbroecks Päckchen kommt nicht der erwartete Stiefel, sondern eine quietschgrüne Wasserpistole zum Vorschein. Die Enttäuschung ist groß. „Ich ärgere mich“, sagt sie, um dann von Hannelore Rönsch mit vorgehaltener Waffe das Buch zu fordern. „Her damit, oder ich schieße! Das wollte ich mir sowieso kaufen.“

Tja, manchmal liegen Freude und Ärger eben nah beieinander. Bei Karla und Ralf Ginsky, längst übliche Verdächtige beim traditionellen WZ-Schrottwichteln, sorgt der falsche — oder der richtige? — Griff in den Geschenksack für eine kleine Ehekrise. „Nicht schon wieder eine Tasse, davon haben wir mehr als genug. Können wir die hier lassen?“, protestiert Ralf Ginsky, als seine Frau das rote Behältnis vom Duisburger Weihnachtsmarkt strahlend aus dem Papier zaubert. Ein neues Exemplar für Karla Ginskys Tassen-Sammlung. Selbst haben die Ginskys aber auch den Keller ausgemistet und ein angemessenes Präsent mitgebracht. „Diesmal ist es wirklich etwas richtig Schönes“, versprechen die beiden. Und tatsächlich: Shirley Chinedu kann ihr Glück über die kleine Laterne mit Weihnachtsmotiven — ein Geschenk von Karla Ginskys Schwester — kaum fassen. „Die bekommt einen Ehrenplatz in meiner Wohnung, ganz oben auf dem Regal.“

Aaron Trittien nimmt seinen Griff ins Klo — ein Buch mit dem verheißungsvollen Titel „Ich bleib’ so scheiße wie ich bin“ — mit einem ironischen Grinsen und Humor. „Das ist mein Lebensmotto.“

In diesem Sinne: Frohes Fest und eine schöne Bescherung! Das nächste Schrottwichteln kommt bestimmt.

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