Friedenskirche: Harmonie im „Kulturm“

Bei einem Rundgang erläutert Joachim Watzlawik das Zusammenspiel von Kultur und Kirche.

Krefeld. Die Aussicht lässt die 220 Stufen des Aufstiegs vergessen. Der Blick vom Turm der Friedenskirche ist einfach atemberaubend. Auf der einen Seite, Richtung Düsseldorf, starten und landen die Flugzeuge, auf der gegenüber liegenden geht die Sonne langsam unter.

So gut wie alle Kirchtürme und viele Gebäude der Stadt sind rundum zu erkennen. Dass diese Kirchturmspitze nahe dem nächtlichen Sternenhimmel auch eine schöne Kulisse für musikalische Darbietungen bietet, können sich die knapp zwanzig Besucher sehr gut vorstellen.

Die Gemeinde hat ein eigenes Profil entwickelt, hin zur Kirche in der City. Ein Pfeiler sind die Gottesdienste am Sonntag, wobei sich der Abendgottesdienst verändern wird. Ein zweiter ist die täglich offene Kirche mit Café als Anlaufpunkt und eine dritte wichtige Säule bildet die Kultur.

"Die Kulturarbeit soll Brücken schlagen zu den Menschen und allen unseren Gemeindetätigkeiten", sagt Joachim Watzlawik. Er ist Sozialarbeiter und Macher der Initiative Kultur.Punkt der Friedenskirche. "Kunst im Kirchenraum kann diesen beleben, Besucher anziehen und den Dialog fördern. Wir wollen aber in einer besonderen Liga spielen."

Dass Kunst und Kirche harmonieren, erfahren die Besucher an diesem Abend unter dem Thema "Aussichten und Ansichten", zu der die Volkshochschule angeregt hat. Der Rundgang beginnt in der 1874 eingeweihten Kirche mit der restaurierten und von mechanischen Problemen befreiten Rieger-Orgel. "Hier bieten sich kirchenmusikalische Darbietungen wie Orgelkonzerte geradezu an", so Watzlawik.

Durch den Innenraum des Gotteshauses ziehen sich die Werke des Krefelder Künstlers Klaus-Peter Noever. Weitere Arbeiten sind im nächsten Raum zu finden. Er war früher Abstellraum für alte Möbel.

"Wir haben die ungenutzten Räume leer gefegt, interessant gestaltet und für die bildende Kunst freigegeben." Noever hat hier eine Rauminstallation entwickelt, Menschenfiguren, die teilweise transparent gestaltet sind. Sie stehen vor den sonnenbeschienenen Kirchenfenstern. "Die ,Transparenz des Menschen’ wäre doch schon ein passendes Thema für eine Predigt."

Höher geht es in einen Raum, in der die von der Sonne beschienene Rosette leuchtet. Die Besucher bleiben stehen. Hier schlägt das Uhrwerk der Kirchenglocken, Thema ist "Raum und Zeit". Watzlawik: "Man denke an eine Lesung ,Das Pendel des Todes’ von Edgar Allen Poe." Es schließt sich der zurzeit sehr aufgeheizte Dachstuhl an. Es riecht trocken, nach Staub. Die Augen richten sich auf steinerne Rundungen. Es ist das Kirchengewölbe von oben gesehen. Auch hier, auf dem kreuzförmigen Gang gibt es Platz für Installationen.

Die schmale Treppe, die über einige Stockwerke an der Wand hochführt, verlangt einigen Teilnehmern viel Mut ab. Alle kommen hinauf - und auch wieder herunter.

Als sie die riesigen Glocken passieren, schlagen diese wie auf Kommando lautstark an. Es ist acht Uhr. "Sie tönen nur, wenn Sünder vorbei gehen", witzelt Watzlawik, dessen Begeisterung für den "Kulturm" geradezu greifbar ist.

Und dann ist die Gruppe oben und atmet die frische Luft, es geht ein leichter Wind. "Es ist sehr aufschlussreich", so der Kommentar von Herbert Stieger. "Ich bin begeistert von der Idee", sagt Wolfgang Gogol und Gisela Blau meint: "Es ist ein toller Abschluss meines Urlaubs."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort