Flachsmarkt: Lustiger Barbier mit scharfem Messer

Aart van Egteren rasiert in alter Manier männliche Besucher auf dem Flachsmarkt. Als Beilage zur Rasur bekommt so mancher Stammkunde auch gerne mal einen Weinbrand gereicht.

Krefeld. Dass Rasieren ein kunstvolles Handwerk ist, fällt spätestens dann auf, wenn man Aart van Egteren auf dem Flachsmarkt an seinem Stand beobachtet. Mit gezielten Gesten befreit er seine Kunden von den störenden Haaren im Gesicht. In seinem eigenen prangt ein Prachtstück von gezwirbeltem Schnurrbart.

"Früher hatte ich einen langen Rauschebart, aber der passte meiner Frau nicht. Wir einigten uns auf diesen, der mittlerweile mein Markenzeichen ist", erzählt der Holländer lachend.

Er ist bekennender Bartträger. Das zeigt zum einen seine Mitgliedschaft in einem Schnurbartverein in Holland und zum anderen das Schild, das in seinem gemütlich eingerichteten mobilen Barbier-Salon auf dem Museumsplatz in Linn steht. Auf diesem ist in holländischen Lettern zu lesen: Ein Kuss ohne Bart ist wie ein Ei ohne Salz.

"Der Nächste bitte", fordert van Egteren einen weiteren Kunden aus der Schlange auf, Platz zu nehmen. Sein Kollege Jac Moest hält derweil die wartenden Leute bei Laune. "Und die hübschen Damen, die auf ihre Ehemänner warten", ergänzt er lachend.

Lustig geht es an dem Barbierstand, der seit 15 Jahren beim Flachsmarkt dabei ist, ohnehin zu. Aart, der den Betrieb vor drei Jahren von seinem Vorgänger übernommen hat, erklärt einem Kunden, welche Produkte er zum Abschluss der Rasur verwendet: Creme und Aftershave in einer dunklen Flasche.

"Dann ist da also kein Schnaps drin?", fragt der Kunde ironisch. Zwar verneint der Barbier dies, entgegnet stattdessen: "Wenn sie aber möchten, können Sie gerne einen Weinbrand bekommen."

Helmer Raitz von Frentz, Veranstalter des Flachsmarktes, verrät mit schelmischem Blick: "Bei Aart van Egteren sollte man sich nur vormittags rasieren lassen, da bis zum Nachmittag so einige Schnäpschen für Kunden und Barbier geflossen sind und eine Rasur gefährlich werden könnte." Tatsächlich aber nimmt der Holländer sein Handwerk ernst und erzählt: "Bei alten Kunden, die wir schon lange kennen, schenken wir zur Feier des Tages auch mal ein Gläschen ein".

Die Feier des Tages ist dann das Wiedersehen auf einem der vielen Märkte, die der reisende Rasiersalon besucht. "Viele Kunden lassen sich ein Jahr lang den Bart stehen, bis wir wieder in der Stadt sind und dann kommt er ab", sagt van Egteren. Bis zu einer halben Stunde kann so eine Rasur mit gewetztem Messer dauern. Das Handwerk hat der 61-Jährige bei seinem Vater gelernt. Zum Abschluss jeder Bartbehandlung gibt es ein heißes Tuch auf das Gesicht, damit die Haut nicht gereizt ist und Alkohol - natürlich nur für eventuelle Schnittwunden.

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