Fixen im geschützten Raum

Düsseldorf holt seine Junkies von der Straße und bietet ihnen jeden Tag hygienische Bedingungen in einem Drogenkonsumraum.

Krefeld. In Krefeld sind 500 bis 600 Menschen schwerst drogenabhängig, in Düsseldorf sind es nach Schätzung von Joachim Alxnat rund 4000. Während hier im vergangenen Sozialausschuss (die WZ berichtete) fast zwei Stunden lang um kurzfristige Hilfen wie Toiletten für die Szene auf dem Theaterplatz gerungen wurde, ist die Landeshauptstadt einen großen Schritt weiter.

Sie bietet in Räumen des Drogen-Hilfe-Centrums an der Erkrather Straße seit Ende 2006 einen Konsumraum an. Jeden Tag können dort Abhängige ihren selbst mitgebrachten Stoff in einem hygienischen Raum schlucken, rauchen oder sich spritzen.

Jeden Tag suchen etwa 200 Junkies den Drogenkonsumraum auf. „150 bis 200 Leute, die nicht mit ihrem Stoff draußen rumlaufen“, erzählt Alxnat den Mitgliedern des Sozialausschusses im Krefelder Rathaus. Auf Antrag der Grünen stellt er die Projekte und Hilfen vor, mit denen die Stadt Düsseldorf versucht, den Drogenabhängigen im Stadtbild Herr zu werden.

Seit 40 Jahren existiert nun der Verein, der ursprünglich mit dem Ziel gegründet worden ist, die „Drogenszene abzuschaffen“. „1971 gab es kaum Heroin“, sagt Alxnat. Der Verein habe sich um Kiffer und Menschen auf LSD-Trips gekümmert. Heute sei die Szene ganz anders: Die Süchtigen, die zur Erkrather Straße kämen, seien kränker und älter, ihre Lebensperspektive noch geringer.

Mit dem Drogenkonsumraum verfolge die Landeshauptstadt drei unterschiedliche Ziele. Aus ordnungspolitischer Sicht würden im öffentlichen Raum kaum noch Spritzen und Unrat herumliegen. Aus gesundheitspolitischer Sicht würden die Menschen erreicht, die „einen hohen Verseuchungsgrad“ haben und von sich aus keinen Kontakt mehr zu Hilfsangeboten aufnehmen.

Aus sozialpolitischer Sicht könnten beim Besuch des Drogenkonsumraums „die abhängigen Besucher sozialpädagogisch belästigt werden“. Alxnat ist nach Jahrzehnten in der Drogenhilfe von dem in Düsseldorf praktizierten Ansatz überzeugt: „Niemand ist glücklich, der konsumiert.“

Der Verein zählt insgesamt 1400 Drogenhilfe-Kunden. „Das ist ein Drittel der gesamten Szene.“ 750 000 Euro pro Jahr lässt sich Düsseldorf allein diese Hilfe kosten. Ziel sei es nicht mehr, die Drogenszene abzuschaffen. „Vielmehr müssen wir den Bedürftigen helfen, ein würdiges Leben zu führen.“

Im Drogenkonsumraum herrschen klare Regeln. Die Abhängigen dürfen nur ihren selbst mitgebrachten Stoff konsumieren. „Denn nicht der Konsum ist gesetzlich verboten, sondern der Handel oder Besitz“, erklärt Alxnat die juristischen Besonderheiten. Nicht herein dürften Substituierte und Minderjährige, wobei das Fachpersonal die letzte Gruppe im Zentrum auf Ausstieg und Therapiemöglichkeiten konkret anspreche.

1300 Süchtige sind in Düsseldorf derzeit in einem Methadonprogramm. Für den kleinen Kreis von Abhängigen, die bisher nicht erreicht wurden oder bereits Therapien abgebrochen haben und schwerst süchtig sind, wird es künftig eine Heroin-Abgabestelle geben. So wie bereits in Köln und Bonn. Dort seien die Empfänger des Heroins nicht mehr straffällig geworden.

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