Falsche Anzeigen: Unfallspuren lügen nicht

Immer häufiger beschäftigen vorgetäuschte Unfallfluchten die Krefelder Polizei. Doch geschulte Spezialisten haben die wahre Unfallursache schnell gefunden.

Krefeld. Nur nicht zugeben, einen Fehler gemacht zu haben -­ das ist häufig der Grund, warum Autofahrer den eigenen Rempler am Zaunpfahl, die Beule im Kotflügel bei der Polizei als Unfall eines anderen darstellen, der die Flucht ergriffen hat. Und damit den eigentlichen, verhängnisvollen Fehler begehen. Denn das Vortäuschen einer Straftat ist selbst eine Straftat.
Bei jeder zehnten angezeigten Unfallflucht muss die Polizei feststellen, dass sie erfunden wurde. Das ist zwar deutlich weniger als im Bundesschnitt ­- etwa jede fünfte soll hier vorgetäuscht sein -­, dafür ist die Aufklärungsquote in Krefeld deutlich über dem Landesschnitt.
Das mussten in der vergangenen Woche auch drei Autofahrer schmerzlich erfahren, die bei der Polizei wegen "unerlaubten Entfernens vom Unfallort” Anzeige erstatteten und den Ermittlungsbeamten den Schaden an ihren Wagen präsentierten. Dass die Kollegen in den Verkehrskommissariaten in den vergangenen Jahren intensiv geschult worden seien, habe sich bewährt, meint Polizeisprecher Dietmar Greger. Denn in allen drei Fällen war schnell klar: So, wie geschildert, konnten die Unfälle nicht passiert sein.
So entpuppte sich eine vermeintliche Flucht als Rempler gegen eine Straßenlaterne. "Ein solcher Anstoß hinterlässt in der Regel ein charakteristisches Schadensbild mit einer ebenfalls charakteristischen Farbanhaftung”, schildert Greger. In derartigen Fällen werden auch schon mal Sachverständige hinzugezogen oder Lackproben zur Auswertung ans Landeskriminalamt geschickt. Diesmal allerdings war es für den geübten Sachbearbeiter ein leichtes zu sehen, wie der Schaden tatsächlich entstanden war.
Im zweiten Fall war klar, dass eine Schramme nicht, wie angegeben, durch den Anstoß eines anderen Wagens entstanden sein konnte. Vielmehr musste das Auto an einem Zaunpfahl entlang geschrammt, es also selbst in Bewegung gewesen sein. Wie sich herausstellte, hatte die Ehefrau ihrem Gatten nichts von ihrem Malheur erzählt.
Die dritte Anzeige bezog sich auf tiefe Kratzer in der lackierten Stoßstange, die aber nicht von einem anderen Stoßfänger oder Karosserieteilen stammen konnten ­ schon gar nicht in dieser ungewöhnlichen Höhe. Und so kam heraus: Die Fahrerin hatte einen Maschendrahtzaun gestreift.
Die Gründe, die bei den Anzeigen angegeben werden, sind vielseitig. "Dem Erfindungsreichtum beim Auftischen sind nahezu keine Grenzen gesetzt”, sagt Greger. Eine Gemeinsamkeit gibt es immer: "Alle wollen ihre Fehler vertuschen.” Und das ziehe sich durch alle Schichten: Auch der Arzt mit der Schramme an seinem neuen Daimler ist dabei, wissen die Ermittler. Die schauen insbesondere dann zweimal hin, wenn Firmen- oder Mietwagen beschädigt sind oder der Fahrer nicht Halter des Wagens ist. Dann wird besonders gerne geschummelt.
Wie man sich strafbar macht Bei vorgetäuschten Unfallfluchten handelt es sich nicht um ein Kavaliersdelikt, sondern um eine eigene Straftat, nämlich die Vortäuschung einer Straftat. Die Folgen können empfindliche Geldstrafen und sogar der Verlust des Versicherungsschutzes sein. Denn bei falschen Angaben ist die Versicherung von der Zahlungspflicht befreit.
Bei der Polizei werden jährlich etwa 1400 Unfallfluchten angezeigt. Etwa jede zehnte kann dabei von den Ermittlern als vorgetäuscht entlarvt werden. Die Krefelder Polizeibeamten werden seit Jahren darin geschult, wie sie solche erfundenen Zusammenstöße erkennen können.

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