Fabel im großen Interview: "Heute gibt es nur noch Freund oder Feind im Rat"

Krefeld. Wilfrid Fabel, CDU-Fraktionsvorsitzender, gibt dieses Amt in anderthalb Wochen ab. Die WZ sprach mit dem Mann, der seit über 40 Jahren Politik macht, über Höhen und Tiefen dieser langen Zeit.

Wilfrid Fabel (CDU) sprach mit der WZ über seine größten Erfolge und Misserfolge.

Wilfrid Fabel (CDU) sprach mit der WZ über seine größten Erfolge und Misserfolge.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Herr Fabel, Finanzen waren für Sie immer ein wichtiges Thema. Wie beurteilen Sie die Haushaltssituation? Und wieso ist es so weit gekommen?

Wilfrid Fabel: Die Situation ist sehr bedauerlich und ich habe mir nicht gewünscht, so etwas nochmal zu erleben. Ursache war der Einbruch bei der Gewerbesteuer. Aber die Gründe für diesen Einbruch sind mir nach wie vor unklar. Deshalb ist ein Gegensteuern schwierig. Vergleichbare Städte haben nicht so große Einbußen zu verzeichnen.

Sehen Sie denn eine Chance, 2015 ein genehmigungsfähiges Haushaltskonzept aufzustellen und bis 2018 das Defizit auszugleichen?

Fabel: Für einen Ausgleich 2018 sehe ich persönlich keine Chance. Auf der Ausgabenseite sind die meisten Dinge nicht hausgemacht, siehe die Sozialausgaben. Das sind gesetzliche Verpflichtungen. Also müssen wir die Einnahmeseite betrachten. Eine kleine Genugtuung für mich ist, dass wir mit Steuererhöhungen in die gleiche Situation gekommen wären. Dann hätten wir die Diskussion jetzt zum zweiten Mal. Dann lieber direkt richtig rangehen, um das Problem dann auch zu lösen.

Die Steuerfrage hat zum Streit mit der Verwaltung geführt. Was hat die Verwaltung falsch gemacht?

Fabel: Es ist bedauerlich, dass sie ihren Entwurf nicht mit uns abgestimmt hat. Das muss sie zwar nicht, aber es hilft, wenn man auf der Suche nach Mehrheiten ist. Wir waren bei vorangegangenen Gesprächen einig, dass die Steuern nicht erhöht werden. Wenn man dann ohne Vorwarnung einen Etatentwurf mit Erhöhungen vorgelegt bekommt, trägt das nicht zur Freude bei. Es kann ja nicht sein, dass die Verwaltung uns vorgibt, mit wem wir eine Haushaltsmehrheit suchen. Denn de facto hätten nur die Grünen die Erhöhung mitgetragen.

Wie haben Sie es geschafft, in Zeiten ohne absolute Mehrheit, Dinge voranzubringen?

Fabel: Über thematische Zweckbündnisse, aber das kostet sehr viel Zeit und Geduld. Man hat mir schon mal despotischen Stil vorgeworfen. Aber das trifft nicht zu. Schon aus Selbstschutz habe ich die Fraktion immer eingebunden. Um den eigenen Laden zusammenzuhalten, muss man überzeugen, alles genau lesen, ein gutes Gedächtnis haben. Das ist mir gelungen.

Wo sehen Sie im künftigen Rat Bündnisse?

Fabel: Ich könnte mir vorstellen, dass die Grünen sich mit neuem Personal mehr zur SPD orientieren. Eine feste Zusammenarbeit von CDU und FDP sehe ich nicht, vielleicht eine gute Zusammenarbeit.

Wichtig waren Ihnen immer Planungsthemen wie Ostwall, Theaterplatz oder Stadtbad. Wie stehen Sie heute dazu?

Fabel: Der Ostwall wird sich wesentlich verändern, keiner kann sagen, da passiert nichts. Aber es hat auch einen langen Atem gebraucht. Die neuerliche Diskussion über das Glasdach ist eine Scheindiskussion. Eine Veränderung würde alles blockieren, ohne für andere Bereiche Geld freizumachen. Beim Stadtbad hoffe ich, dass man endlich zu Potte kommt. Beim Theaterplatz hingegen habe ich auch keine Lösung. Der ist keine Visitenkarte. Aber wohin soll man die Leute vertreiben?

Und warum gibt es so große Spannungen zwischen Ihnen und dem Planungsdezernenten Martin Linne?

Fabel: Er hält den Rat für überflüssig. Das mag rechtlich in Ordnung sein, aber ob es dem politischen Miteinander dient, ist eine andere Frage. Als wir ihn gewählt haben, hatten wir einen anderen Eindruck. Wenn die Verwaltung auf die Zuständigkeiten pocht, kann sie das tun, muss dann aber auch mit Gegenwind rechnen. Beispiel Museumsdepot: Dazu gibt es immer noch keine vernünftige Aussage, wie man das in Zeiten angespannter Finanzen hinkriegen könnte.

Sie haben immer polarisiert. Besonders oft angegriffen worden, sind Sie bei bestimmten Stichworten. Zum Beispiel bei ihrem Schwager, dem Bauunternehmer Josef Krings.

Fabel: Außer Verdächtigungen, habe ich nie etwas Konkretes gehört. Die Rede war von Insiderwissen. Aber was konkret gemeint ist, wurde nicht gesagt. Und wie soll ich auf Verdächtigungen reagieren. Mein Grundsatz war und ist: Nie etwas zu Lasten der Stadt tun.

Das Thema Schirrhof-Verkauf hat seinerzeit hohe Wellen geschlagen.

Fabel: Auch da möchte ich wissen, wo etwas gesetzeswidrig gelaufen ist. Ich kenne Herrn Borgmann seit 1974. Ich habe ihm geholfen, aber ich habe ihn nicht begünstigt. Er hat das beste Gebot für das Areal abgegeben, hat für den Parkplatz Baulandpreise bezahlt und sogar noch die Ampel finanziert. Was er dort entwickelt hat ist toll, hat Krefeld rund 1000 Arbeitsplätze beschert.

Ihr Engagement für das Eishockey.

Fabel: Ja und? Natürlich unterstütze ich diesen Verein, wo ich kann. Warum nicht? Er ist ein Aushängeschild für die Stadt, die Halle ist die schönste in ganz Deutschland und es ist ein toller Sport. Der KEV hat mich verdammt viel Geld, Zeit und Nerven gekostet. Ohne mich, gäbe es den Verein nicht mehr. Ich habe zum Beispiel die gesamte rechtliche Beratung umsonst gemacht und trotzdem meine Karten immer selbst bezahlt.

Der LEG-Prozess.

Fabel: Ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich ist: eine gesetzlich legalisierte Erpressung durch die Staatsanwaltschaft, ohne dass sie sich dafür in irgendeiner Form verantworten muss. Das hat mich viele schlaflose Nächte und rund 80 000 Euro gekostet. Aber ich habe es jetzt abgehakt.

Was hat sich in über 40 Jahren Ratsarbeit verändert?

Fabel: Es gibt kein vernünftiges Verhältnis der Fraktionen untereinander mehr. Früher gab es sogar Freundschaften über Parteigrenzen hinweg. Man ging nach der Ratssitzung zusammen ein Bier trinken oder Skat spielen. Heute gibt es nur noch Freund oder Feind. Das ist eigentlich schade.

Was war ihr größter Misserfolg?

Fabel: Die verlorene Wahl 1989, die rechne ich mir an. Es ging um die Hochtemperaturverbrennungsanlage. Ich habe damals lernen müssen, dass rationale Argumente nichts gegen Emotionen ausrichten können. Das hat auch mein Verhalten verändert, seitdem setze ich auch mehr auf Emotion.

Was war der größte Erfolg?

Fabel: Die Deutsche Meisterschaft des KEV 2003. Ich habe die Meisterschaften von Preussen und KEV in den 50er Jahren erlebt. Dass ich 50 Jahre später an dem Erfolg mitwirken konnte, das war eine echte Genugtuung.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Fabel: Möglichst wenig Probleme und einen starken Zusammenhalt der künftigen Fraktion.

Werden Sie sich jetzt aus der Öffentlichkeit zurückziehen?

Fabel: Ich will mich politisch nicht in den Vordergrund drängen und den Besserwisser spielen. Aber wenn ich gefragt werde, bin ich bereit zu helfen. Der Ex-Oberbürgermeister Hansheinz Hauser ist da für mich ein Vorbild. Der hat sich nie aufgedrängt aber auch nie ganz zurückgezogen.

Was machen Sie mit der Freizeit, die Sie wieder jetzt haben werden?

Fabel: Ich werde weiter als Jurist arbeiten und freue mich auf mehr Zeit für meine Hobbys, Tennis, Tischtennis und Golf. Und ich freue mich auf erheblich weniger Verantwortung, denn das hat mich manchmal sehr stark belastet. Und ich werde mit Interesse verfolgen, ob die Leserbriefschreiber eine neue Gallionsfigur finden, gegen die sie schreiben können.

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