Es wird eng im Klassenzimmer

Die Bezirksregierung will zugewanderte Schüler nach und nach in Regelklassen integrieren. Krefelds Schulen stellt das vor Herausforderungen.

Es wird eng im Klassenzimmer
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Krefeld. Was wird aus geflüchteten Kindern und Jugendlichen, die an den Schulen landauf, landab und damit auch in Krefeld seit einigen Jahren in sogenannten Seiteneinsteigerklassen unterrichtet werden? Die Bezirksregierung hat eine klare Antwort darauf: Nach spätestens zwei Jahren sollen die Schüler aus den Sprachförder- in Regelklassen integriert werden.

Die weiterführenden Schulen stellt das ab dem nach den Sommerferien beginnenden Schuljahr 2017/18 vor wachsende Herausforderungen. Neben den Schülern, die bereits in Seiteneinsteigerklassen an den jeweiligen Schulen unterrichtet werden, müssen alle Platz für Seiteneinsteiger von anderen Schulformen einkalkulieren, die — etwa vom Gymnasium auf die Realschule — wechseln müssen.

Eine Mammutaufgabe, die, ohne zusätzliche Klassen einzurichten, kaum zu stemmen sein wird. Zu diesem Schluss kamen jetzt die Mitglieder des Schulausschusses in ihrer gemeinsamen Sitzung mit dem Jugendhilfeausschuss. Einhellig sprachen sie sich dafür aus, dass die Schulverwaltung bei der Prüfung der Frage, wie zugewanderte Schüler nach der Erstförderung ab dem kommenden Schuljahr ins Regelsystem integriert werden können, auch die Möglichkeit der Mehrklassenbildung berücksichtigen müsse.

Als Leiter der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule sieht Michael Schütz täglich, welche Herausforderung die Integration der Schüler aus Zuwandererfamilien für den Schulalltag bedeutet. „2014 konnten wir diese Schüler noch in Regelklassen unterbringen und dann gezielt herausziehen, um sie unabhängig von ihren Klassenkameraden in Deutsch zu fördern.“

Mit der Flüchtlingswelle im Sommer 2015, die eine große Zahl von Menschen aus Bürgerkriegsregionen wie Syrien, dem Nahen und Mittleren Osten nach Krefeld brachte, seien viele Schulen, so auch die Kurt-Tucholsky-Gesamtschule, an die Grenzen ihrer Kapazitäten gestoßen.

Besonders betroffen seien die Gesamtschulen. Die Klassen sind mit teilweise bis zu 34 Schülern voll. Das attestiert auch die im Ausschuss vorgelegte Beschlussvorlage. Darin heißt es: „Dieser Zustand ist aus Sicht der Schulverwaltung nicht auf Dauer tragbar.“ Er belaste nicht nur das Lehrpersonal erheblich, sondern erschwere auch die Umsetzung „des schulgesetzlichen Anspruchs aller Kinder und Jugendlichen auf individuelle Förderung enorm“.

Die Kurt-Tucholsky-Gesamtschule etwa besuchen derzeit zwischen 140 und 150 Schüler aus Zuwandererfamilien — 72 von ihnen werden in vier Seiteneinsteigerklassen unterrichtet. „Wir haben gedacht, dass es mit dem Ende der Flucht aus den Kriegsgebieten über die Balkanroute weniger werden“, sagt Schulleiter Schütz. „Aber die Mehrzahl der Kinder kommt jetzt aus dem EU-Raum. Allein heute haben wir wieder sechs aufgenommen.“

Besonders eng werde es, wenn die Seitensteiger aus den zwei Gruppen der Jahrgangsstufe sieben in Regelklassen untergebracht werden müssen. „Das wird nicht funktionieren“, fürchtet Schütz.

Auch wenn die Möglichkeit zur Bildung einer zusätzlichen Klasse in diesem Jahrgang die Situation zumindest theoretisch entspannen könnte, bereitet dem Schulleiter das Thema Bauchschmerzen: Wie für nahezu alle weiterführenden Schulen in Krefeld sei das nicht nur eine Platzfrage. „Wir brauchen zusätzlichen Raum, Lehrkräfte — vor allem aber auch die Bereitschaft von Schülern, Eltern und Lehrern, in Kauf zu nehmen, dass bestehende Klassenverbände aufgelöst werden, um eine zusätzliche Klasse zu bilden und Seiteneinsteiger über den Jahrgang verteilen zu können.“ Vom pädagogischen Ansatz her sei das wünschenswert, sagt Schütz, er betont aber auch die „organisatorische Herausforderung“.

Jürgen Maas, Leiter des zuständigen Fachbereichs Schule bei der Stadt, erklärte derweil im Ausschuss, man sei bereits in Gesprächen mit der Bauverwaltung, an welchen Schulen bauliche Maßnahmen zur Umsetzung der Mehrklassenbildung möglich sind.

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