Ersatzfreiheitsstrafe: „Arbeit ist besser als Knast“

Schwitzen statt Sitzen: 242 Verurteilte entschieden sich innerhalb eines Jahres für gemeinnützige Arbeit statt Freiheitsstrafe – wie Darius, der im Tierheim für saubere Hundeboxen sorgt.

Krefeld. 15 Hunde hinterlassen viele Haufen, kleine und große. Die von der Doggenmischlingshündin Luna gehören zu den größeren, die jeden Morgen mit Wasser und Schrubber beseitigt werden müssen. Darius hat damit überhaupt kein Problem; seit fast einem Jahr erscheint er morgens pünktlich mit dem Rad im Tierheim am Flünnertzdyk. "In den Knast gehen wollte ich nicht - und meine Eltern wollten das natürlich auch nicht, weil sie sich geschämt hätten. Die Arbeit hier ist doch viel besser".

Wie alle der in gemeinnützige Jobs geschickten Straffälligen (Volksmund: "Schwitzen statt sitzen") ist Darius jemand, der seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen konnte. Mit seiner Autoleidenschaft handelte er sich drei Strafbefehle im Gesamtwert von 5000 Euro ein. Zuerst war da ein Fahrverbot wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung - doch dann fuhr der Facharbeiter einfach weiter zu seiner Arbeit in Mönchengladbach. Dreimal wurde er ohne Fahrerlaubnis von der Polizei erwischt.

Das Auto hat er inzwischen abgemeldet - den Führerschein aber schon wieder beantragt, denn Ende Oktober hat er seine Strafe abgearbeitet. "Ich werde wohl 20 Fahrstunden machen müssen", ahnt Darius. Seine Eltern wollen ihn dabei "sponsern". Mit den Strafverfahren hat der Junggeselle seinen Job verloren und ist zum Hartz IV-Fall geworden. Von seinen 300 Euro im Monat stottert er noch zusätzlich 100 Euro ab.

Die von der Staatsanwaltschaft, der Jugendgerichtshilfe, Bewährungshelfern oder dem Jugendamt zugeteilten Sozialdienstleistenden werden im Tierheim mit durchaus gemischten Gefühlen betrachtet. "Leute wie Darius, die pünktlich kommen und arbeiten wollen, sind die Ausnahme", sagt Leiter Frank Schankat, der sein "halbes Leben" in der Einrichtung am Flünnertzdyk verbracht hat und diese seit Juli leitet. 100 Kräfte im Jahr seien es mindestens, die das Tierheim durchlaufen: "Wenn sie mit einer Alkoholfahne kommen oder ihr Drogenbesteck mitbringen, schicken wir sie natürlich sofort nach Hause."

Jede Woche sendet Karin Beckmann, eine von zwei Verwaltungskräften, einen Bericht an die Staatsanwaltschaft. Ihr Mann Dietmar, Ex-Leiter und heute Geschäftsführer des Tierschutzvereins: "Die meisten der Leute wissen ganz genau, was sie sich erlauben dürfen." Was die Delinquenten angestellt haben, weiß die Heimleitung nicht: Sie bekommt nur die Stundenzahl und das Aktenzeichen übermittelt.

Tradition: Seit über 25 Jahren nimmt das Krefelder Tierheim (Träger: Tierschutzverein) Personen auf, die gemeinnützige Arbeit verrichten müssen - anfangs waren es ausschließlich junge Leute, die vom Jugendamt der Stadt geschickt worden sind.

Bestand: Derzeit warten 60 Katzen, 20 Kleintiere (vom Wellensittich bis zum Hamster) und 12 Hunde auf liebe Besitzer.

Etat: Der Jahresetat der Einrichtung liegt 2007 bei rund 250 000 Euro. Für das Aufsammeln von Fundtieren (pro Jahr etwa 1750) zahlt die Stadt einen Zuschuss von rund 20 Euro pro Tier. Der Zuschuss bewegt sich damit zwischen 30 000 und 35 000 Euro pro Jahr.

Kontakt: Tierheim Krefeld, Flünnertzdyk 190, Ruf 56 21 37. Am kommenden Wochenende ist Tag der offenen Tür.

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