Krefeld Elfrather See: Naturschützer warnen vor Gänsejagd

Die Vögel sind unliebsame Besucher am Elfrather See. Der Nabu warnt aber davor, brütende Weibchen zu schießen.

Krefeld: Elfrather See: Naturschützer warnen vor Gänsejagd
Foto: Archiv Dirk Jochmann

Uerdingen. Wer Eier aus einem Gänse-Gelege nimmt, um die Population zu verringern, bewirkt damit gleichzeitig, dass er auch gefährdete Arten wie Kiebitz, Flussregenpfeifer und Austernfischer stört. Für Veronika Huisman-Fiegen, Mitglied im Nabu und Geschäftsführerin der Nordrhein-Westfälischen Ornithologen-Gesellschaft, ist das ein wichtiges Kriterium, dies zu unterlassen, zumal es auch noch verboten ist. Für sie ist das Gänseproblem am Elfrather See (E-See) hausgemacht.

Eine einfache Lösung für eine kotfreie Liegewiese am Badesee hat sie aber auch nicht. „Am E-See lassen sich keine arktischen Wintergäste auf Dauer nieder, sondern Graugänse“, erklärt Huisman-Fiegen ihre Sicht der Dinge. „Ihre Population geht auf ein Auswilderungsprojekt der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung in den 1970-er Jahren zurück. Es sollte der Erhöhung der Jagdstrecke dienen.“

Doch die Jäger wollten anscheinend keine zähen Wildgänse auf dem Tisch haben. „Es wurden nicht so viele geschossen.“ Außerdem: So genannte Winter-Gänse, das sind Zugvögel wie Bläß- und Saatgänse, die in Tundra und Taiga brüten und in großer Anzahl am Niederrhein überwintern, würden in Krefeld nur hin und wieder beobachtet, berichtet sie weiter. „Sommer“-Gänse hingegen seien das ganze Jahr über am Niederrhein anzutreffen. „Es handelt sich überwiegend um Grau-, Kanada- und Nilgänse. Die Graugänse wurden ausgewildert. Kanada- und Nilgänse sind aus Gefangenschaft entflohen oder vielleicht auch absichtlich ausgesetzt.“ Letztere bildeten nur einen kleinen Anteil, etwa rund zehn Prozent, der gefiederten Freunde.

Huisman-Fiegen berichtet auch von belastbaren Zahlen: „Am E-See werden seit mehr als 20 Jahren im Rahmen der bundesweiten Wasservogelzählung von September bis April jeden Monat alle Wasservögel — also auch die Gänse — gezählt. Hier liegen demnach ganze Zahlen-Reihen vor.“

Um Aussagen über den landesweiten Brut-Bestand der Gänse treffen zu können, würden außerdem seit 2011 von der Nordrhein-Westfestfälischen Ornithologen-Gesellschaft jeweils Mitte Juli die Gänse und ihre Jungvögel gezählt. Auch am E-See.

Seit vielen Jahren sind dort Jürgen Gehnen und Helmut Sprenger als Zähler unterwegs. Bei der Sommerganszählung waren die Zahlen im Jahr 2016 relativ niedrig, die Anzahl bei der Wasservogelzählung im April, zur Brutzeit der Graugans, mit 447 Tieren allerdings relativ hoch. „Betrachtet man die Listen, dann gibt es keine dramatische Zunahme der Bestände in den vergangenen Jahren, sondern allenfalls eine leichte.“

Im April 2014 gab es am Elfrather See im Vergleichsmonat 420 Vögel. Solche Zahlen wurden aber auch schon im Jahr 2006 erreicht. Veronika Huisman-Fiegen: „Es gibt Experten, die ein Maßnahmen-Konzept für die Gänse am E-See erstellen könnten; das kostet aber Geld.“ Dass die Landwirte versuchen, ihre bestellten Felder zu schützen, indem sie eine Schusserlaubnis für die Gänse während der Schonzeit beantragen, kann sie nachvollziehen.

Nur: „Es sind dann im Frühjahr auch brütende Weibchen, die zur Nahrungsaufnahme aufs Feld fliegen, die getötet werden. Die Bejagung sollte ausschließlich während der Jagdzeiten erfolgen — alles andere wäre unwaidmännisch. Die Bauern sollten stattdessen entschädigt werden.“

Gut findet es die Naturschützerin, dass die beiden Inseln im Norden des Sees von hoch wachsendem Grün freigehalten werden. „Sie bieten somit Bodenbrütern wie Kiebitz, Flussregenpfeifer und Austernfischer die Möglichkeit, in Ruhe ihre Jungen aufzuziehen.“ Dort sei eine der letzten drei Stellen in Krefeld, wo noch Kiebitze erfolgreich brüteten.

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