Einkaufen: Die Generation 45plus liebt Einkaufs-Erlebnis

Die demographische Entwicklung bietet Chancen laut Dagmar Ackermann.

Krefeld. Die 68er sind grau geworden. Individualität statt Konformismus lautet ihr Credo - auch beim Konsum. Wieso das von Bedeutung ist? "Die Silbergeneration verfügt inzwischen über erhebliche Kaufkraft", sagt Lutz Mäurer von der Industrie- und Handelskammer.

Wer den Reiz Krefelds als Einkaufsstadt erhalten oder mit Blick auf die umliegenden Städte wie Duisburg, Mönchengladbach oder Venlo sogar steigern möchte, muss das Einkaufserlebnis darauf ausrichten.

"Krefeld habe ich vor dreißig Jahren wegen seiner zahlreichen kleinen Fachgeschäfte kennen- und lieben gelernt", erzählt Dagmar Ackermann. Viele von ihnen gebe es inzwischen nicht mehr, dafür aber viele große Filialisten. "Da macht es keinen Unterschied mehr, in welcher Stadt man einkauft." Für die Ökonomin, die an der Fachhochschule Niederrhein im Bereich Wirtschaftsingenieurswesen arbeitet, bietet dieser Einheitsbrei der Städte keinen Anreiz.

Auf der Suche nach einer attraktiven Vision für den Handel analysiert sie zunächst ihr eigenes Einkaufsverhalten. Auf der einen Seite steht der Versorgungseinkauf. Der muss schnell gehen, einfach, bequem und preisgünstig sein. Dazu möchte sie auf eine gute Verkehrsanbindung nicht verzichten. Auf der anderen Seite steht das Einkaufen als Shopping-Erlebnis.

"Dafür nehme ich mir Zeit. Es soll etwas Besonderes sein: mit Geschäften, die es nicht überall gibt, mit einem guten Essen und Sehenswertem", beschreibt Dagmar Ackermann ihr Wunschbild. Das kommt auch ohne Durchgangsverkehr in der Innenstadt aus. Eine Meinung, der sich 71 Prozent der WZ-Leser in der Umfrage anschließen (siehe Grafik).

Zeit ist kostbar geworden in einer schnelllebigen Zeit. "Wer arbeitet, muss mit seinen freien Stunden wirtschaften", so die Ökonomin. Deshalb nutzt sie ebenso wie viele andere für einen Teil ihres Versorgungseinkaufs inzwischen das Internet.

Die virtuelle Welt ist jedoch nicht automatisch der Tod der Geschäfte vor Ort, wenn die die Chancen für sich erkennen und nutzen. Der Einzelhandelsverband hat in Krefeld vorausschauend die Internetseite "Einkaufen-in-Krefeld" eingerichtet, die einen Überblick über das Angebot an Waren und besonderen Veranstaltungen in der Stadt gibt.

"Auch einzelne Händler sollten dieses Medium mehr nutzen", regt Dagmar Ackermann an - und hat als leuchtendes Beispiel die Internetseite einer hiesigen großen Buchhandlung vor Augen. "Darauf finde ich Vorschläge für neue Lektüre inklusive Rezension und habe noch die Möglichkeit, den Titel direkt als Electronic-Buch runterzuladen - wenn ich will." Wieso könnten nicht auch Modegeschäfte mit ein paar Kollektionsteilen den Kunden Ankleidetipps und damit auch einen Anreiz zum Besuch des jeweiligen Geschäfts geben?

Um Trümpfe von Einkaufscentern wie dem "CentrO" Oberhausen oder dem Outlet-Center "Maasmechelen Village" auszustechen, sind gemeinsame Marketingaktionen des Handels gefragt. Dazu gehört die "Größte Straßenmodenschau der Welt" ebenso wie der "Krefelder Samstag" oder das "Einkaufen bei Kerzenschein" am vergangenen Wochenende. "So etwas ist prinzipiell sehr reizvoll", lautet Dagmar Ackermanns Kommentar. Diese Veranstaltungen sind etwas Besonderes - und im Idealfall sehr gut besucht.

Ein solcher Andrang ist jedoch nicht jedermanns Sache. "Es hält so manchen andererseits davon ab zu kommen", glaubt die Professorin. Individualität ist gefragt. Ein Wunsch, dem immer mehr Krefelder Einzelhändler mit exklusiven Veranstaltungen in ihren eigenen Geschäftsräumen Rechnung tragen.

Die 68er verändern das herrschende Bild älterer Menschen. Der amerikanische Politologe Richard Floria nennt sie "Creative Class", eine gebildeten Schicht, die Wert auf ein vielfältiges urbanes Leben legt. Dazu gehören Fachhandelsgeschäfte, die früher bereits Krefelds Stärke gewesen sind.

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