Eine Künstlerkolonie in Linn

Am A-Gang nehmen jedes Jahr viele Krefelder Künstler teil. Sie öffnen auch am kommenden Sonntag ihre Ateliers für Besucher.

Eine Künstlerkolonie in Linn
Foto: Dirk Jochmann

Stadtteile. Eigentlich könnte man die Künstlerkolonie, wie sie sich beim diesjährigen A-Gang in Linn präsentiert, auch als Künstlerkolonie Rheinbabenstraße bezeichnen. Sechs Kunstschaffende von dort sind mit von der Partie. Schon ein „Künstlernest“ befindet sich bei der Hausnummer 183. Als Teilnehmerin der „zweiten Stunde“ ist Karin Habermann dabei; beim zweiten A-Gang stellte sie ihre Keramiken noch im Gartenhaus von Haus Esters aus. „Ich habe noch nie ausgesetzt, also bin ich jetzt zum 45. Mal dabei“, sagt Habermann.

Die Arbeitsflächen in ihrem Atelier an der Rheinbabenstraße hat sie mit weißen Tüchern abgedeckt, so dass sich ihre Keramiken farblich gut abheben und der Raum weniger als Werkstatt wirkt, sondern mehr als Galerie. Keramik gedreht und aufgebaut bietet sie in einem eng gefassten Farbspektrum, das den Arbeiten einen noch edleren Charakter gibt, an. Die mit echtem Gold versehenen Schälchen sind da nicht zu überbieten. Ihre derzeitige Herausforderung sieht sie darin, die unterschiedlichen Materialien Porzellan und Steinzeug zusammenzubringen. Wie Intarsien legt sie Porzellanstreifen oder -elemente in das Steinzeug. Beim Brennen hebt sich das Porzellan etwas und gibt den Tellern oder Schüsseln auf diese Weise Reliefs. „Man kann die Sachen auch gebrauchen, aber vorsichtig wie ein rohes Ei“, rät sie.

Hansjörg Krehl

Robuster erscheinen dagegen die großen Schalen, die Dorothee Sprothen-Scheidt in dieser Werkstatt ausstellt. Im Eingangs- und Verkaufsraum des Ateliers hängen einige Gemälde von Marie-Claude Krausbauer. Sie zeigt Ansichten aus Ägypten mit kubenförmigen Häusern und skizzenhaft dargestellten Menschen. „Ich male Skizzen in der Natur mit Ölkreide, denn die ist leicht zu transportieren.“ Manchmal dient ihr auch der Fotoapparat als Skizzenblock. Später setzt sie ihre Eindrücke auch mit Öl-, Wasser- oder Aquarellfarben um. „Landschaften und Architektur sind mein Hauptthema“, sagt sie, „jetzt ist es aber auch ein Ziel, Porträts zu machen. Wichtig ist aber immer der Klang der Farben.“

Sabine Liesefeld

Farben scheinen dagegen bei der Malerei, den Zeichnungen und Collagen von Hansjörg Krehl eine untergeordnete Rolle zu spielen. Nicht ganz unschuldig daran ist auch sein nicht zu heizendes Atelier. „Acrylfarben schätzen es nicht, wenn es unter fünf Grad Celsius hat. Und im letzten Winter waren es bis minus acht Grad Celsius. Darum stehen auch noch viele meiner Werke in Thermokisten,“ erklärt Krehl, der seit vergangenem August dort arbeitet und zum ersten Mal beim A-Gang teilnimmt. „Ich liebe die Abstraktion, weil sie im vergangenen Jahrhundert die größte Neuerung in der Kunst war,“ und schiebt nach: „Ich mache keine Deko für Leute, die keine Zeit haben. Ich erwarte, dass sie sich mit der Kunst befassen.“

So ist für ihn seine künstlerische Arbeit „ein zähes Ringen um die Form, und das geht nicht leicht von der Hand.“ Größte Fingerfertigkeit braucht die Goldschmiedin Barbara Bismark, die als Gast in dem geräumigen, aber erfrischend kühlen Atelier auch von ihrer Arbeit einen Eindruck vermittelt. Man könnte fast eine Lupe gebrauchen, um alle Feinheiten ihrer Schmuckstücke zu erfassen. Als Vorlagen für ihre Abgüsse nimmt sie kleine bis winzige Pflanzenteile, wie Mohnkapseldeckelchen oder Knospen von geschlossenen Schnittlauchblüten. Diesen vegetabilen Elementen lässt sie die Gusshaut mit ihren weißlich matten Silberoberflächen, was den Eindruck von Natur verstärkt. „Die Schönheit der einfachen Dinge“ bringt sie in ihrer Schmuckkollektion „Rot“ heraus.

Dazu gehört beispielsweise ein Halsschmuck mit einem großen runden Element als Kettenanhänger in leuchtendem Rot. Man sieht es ihm nicht an, aber es ist ein umgearbeitetes Löffelteil von einem Salatbesteck. Aus kleineren Resten des roten Kunststoffs hat sie passenden Ohrschmuck gefertigt. Das ehemalige Ladenlokal an der Rheinbabenstraße 126 gehört mit zur Künstlerkolonie Linn. Nach dem Besuch des unterkühlten Ateliers sind diese lichtdurchfluteten und von der Sonne verwöhnten Räumlichkeiten eine besondere Wohltat. Seit nunmehr sechs Jahren schätzt Sabine Liesefeld das Ambiente. „Es ist wunderbar als Arbeitsatelier mit Galeriecharakter. Man hat genug Wände zum Hängen“, schwärmt die Malerin. „Sichtbar räumlich“ nennt sie ihren Beitrag zum A-Gang. „Ich bin Gegenständler“, sagt sie.

Trotzdem finden sich in ihrer Acrylmalerei auch impressionistische wie abstrakte Elemente. Dinge aus der Natur, die man gerne übersieht, stellen für sie auch Motive dar. Das kann man von dem Schaf, das sie in Lebensgröße gemalt hat, nicht gerade behaupten, aber man möchte in sein kuscheliges Fell greifen, so natürlich ist es dargestellt. „Meine Malerei soll einen positiven ästhetischen Aspekt haben, sie soll Freude vermitteln.“ Das ist bei den Blicken in eine freundliche Natur auf ihren Bildern, inklusive einer großen Hühnerschar in einer „Porträtreihe“, auch gegeben. „Die Leute gehen erheitert aus der Galerie.“ Stimmt.

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