Kultur Eine jüdische Braut trägt keinen Schmuck

Rabbi Yitzchak Mendel Wagner erklärt, wie eine traditionelle Hochzeit abläuft und welche Bedeutungen die Traditionen haben.

Kultur: Eine jüdische Braut trägt keinen Schmuck
Foto: Wagner

Krefeld. Eine jüdische Hochzeit ist eine hochkomplizierte, spannende Sache, sehr religiös, mit strikten Regeln und einem bestimmten Tagesablauf. Was nicht heißt, dass danach nicht ordentlich gefeiert wird — ganze sieben Tage lang. Das Brautpaar wird behandelt wie ein Königspaar. Und die Zahl „sieben“ spielt eine große Rolle, weil sie Vollkommenheit bedeutet — in Anspielung an die siebentägige Schöpfungsgeschichte.

Die Volkshochschule will ihren Hörern das jüdische Leben näherbringen und hat den Abend „Jüdische Feste im Lebenszyklus: Die jüdische Hochzeit“ mit Yitzchak Mendel Wagner angeboten. Der Rabbiner weiß humorvoll und informativ zu erzählen und erklärt die gesamte Symbolik locker im Gespräch mit den Gästen. „Die Hochzeit ist nach dem gleichnamigen Traubaldachin benannt, der Chuppa, die immer unter freiem Himmel steht“, erzählt Wagner.

Bei der Zeremonie bleibt die Braut vor dem Trauhimmel stehen und wartet, bis der Bräutigam sie abholt, ihr den Schleier bei der Bedeckung über das Gesicht legt und sie mit einer schützenden Geste unter das gemeinsame Dach führt. Wagner: „Dass der Bräutigam die Braut verhüllt, hat seinen Grund im Alten Testament, als Jakob eigentlich Rahel heiraten wollte, ihm vom Schwiegervater aber die ältere Schwester Lea verschleiert übergeben wurde. Rahel steht für die Liebe und Lea für die Frau, die man im Leben braucht. Es werden die zwei Phasen der Ehe symbolisiert.“

Zurück zur Chuppa: „Darunter ist die Braut eine Königin.“ Sie trägt ein langes weißes Kleid und einen langen Schleier und keinerlei Schmuck. „Alle Bräute sind an diesem Tag gleich, egal wie reich sie sind“, berichtet Wagner. Der Bräutigam trägt unter seinem Jackett den „Gotel“, den Gürtel, der seinen Körper symbolisch in eine untere und obere Hälfte teilt. Dann erhält er von seinen Schwiegereltern ein weißes langes Hemd, das spätere Totenhemd — ohne Taschen. Leben und Tod gehören im jüdischen Leben zusammen. Dazu darf seine Kleidung keine Knoten haben, weder in der Krawatte, noch in den Schnürsenkeln. „Alles soll locker gehen.“ Der Rabbiner überreicht dem Brautpaar ein Glas Wein, das es gemeinsam austrinkt. Dann steckt der Bräutigam seiner Frau einen Ring an den rechten Zeigefinger und spricht die Trauformel: „Mit diesem Ring bist du mir angeheiligt nach dem Gesetz von Moses und Israel“. Der Ring ist schlicht, ohne Steine und sogar ohne Gravur. Die Feier endet damit, dass alle Gäste noch einmal mit einem Glas Wein in der Hand die sieben Segenssprüche und die Glückwünsche für das Brautpaar „Masel Tov!“ (frei übersetzt: Viel Glück) wiederholen.

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