Ein Unternehmen erfindet sich neu

Wolf-Reinhard Leendertz blickt auf 164 Jahre Familientradition zurück.

Kempener Feld. Im Eingangsbereich stehen die Produkte des Unternehmens Krago in vielen Farbschattierungen auf den Regalen. Es sind Rollen mit Kranzbändern, Kordeln oder Wolle, die an und in modernen Trauerkränzen verarbeitet werden. Sie nehmen eine ganze Wand ein. Nebenan liegen an einer Seite die lichtdurchfluteten Büros und an der anderen befindet sich die Produktionshalle.

Es ist eine Erfolgsgeschichte wie aus dem Bilderbuch, die die Firma Krago geschrieben hat. Das steht für Krahnen & Gobbers. „Seit 1996, als nichts funktionierte und wir einer der schlechtesten Anbieter waren, haben wir uns zum heutigen Marktführer Trauerfloristik in Nordeuropa gewandelt.“ Das sagt Wolf-Reinhard Leendertz, Krago-Geschäftsführer und in gleicher Funktion auch im Mies-van-der-Rohe-Businesspark tätig. Dort hat das Unternehmen mit heute 40 Mitarbeitern und Fünf-Millionen-Umsatz seit knapp drei Jahren seinen Sitz. „Es ist das Gelände der ehemaligen Vereinigten Seidenwebereien (Verseidag) und damit schließt sich ein Kreis“, findet der Geschäftsmann.

Wolf-Reinhard Leendertz, Krago-Geschäftsführer

Er bildet die fünfte Generation im Hause Krahnen & Gobbers. „Bisher haben wir so viel über Mies geredet, da kam das 164-jährige Krefelder Traditionsunternehmen etwas zu kurz“, findet er mit einem Lächeln. Jetzt berichtet Leendertz aus der Vergangenheit: „Bei der vorletzten Jahrhundertwende arbeiteten über 1000 Mitarbeiter an drei Standorten und damit führte meine Familie die größte Seidenweberei in Krefeld. 1920 übernahm mit dem Zusammenschluss vieler mittelständischer Seidenwebereien in Krefeld und Umgebung die Verseidag die Marktführerschaft.“

In dieser Zeit habe sein Großvater Walter Leendertz in die Familie eingeheiratet, in dem er Else Gobbers zur Frau nahm. „Er stammte aus dem Haus Mottau-Leendertz, der früheren großen Samtweberei auf der Tannenstraße. Die Ehe war sicherlich auch eine Sache der Vernunft. Der Großvater ist von der Verseidag unabhängig geblieben. Ironie ist, dass wir uns jetzt hier auf deren Areal befinden.“

1996 wurde die letzte große Abteilung der Weberei liquidiert. Krago-Kranzband blieb übrig. „In allen Dimensionen zwar schlecht, aber preiswert und mit der Vision: Wir wollen die besten werden.“ Und: „Wer Maßstäbe setzen will, muss regelmäßig neue Wege gehen. Das galt damals, als Conrad Wilhelm Krahnen und Wilhelm Gobbers 1854 ihre Breitweberei gründeten — und das gilt erst recht für die heutige Zeit.“

Der verstorbene Vater Gerd und Sohn Wolf-Reinhard krempelten kurzerhand die Ärmel auf. Es begann der Neustart mit einer kleinen vergessenen Abteilung und fünf Personen. „Wir waren nun die kleinste Kranzband-Weberei in Europa mit der schlechtesten Qualität, ohne Logo und mit ausgefransten Papphülsen. Umgerechnet in Euro verzeichneten wir einen Umsatz von 0,7 Millionen.“

Schon nach zwei Jahren „Tüftelei“ deuteten sich erste Erfolge an. Zumal Krahnen & Grobbers — nach der Insolvenz der Girmes AG — den Bereich Klettverschluss übernommen hatte. 2009 spaltete sich die Produktion in Krago-Art, das sind die kunstvollen Kranzbänder, und Krago-Tec, was für die technische Seite der Klettbänder steht. „Sie werden in Heimtextilien, Polstereien oder beim Zeltbau der Bundeswehr genutzt“, erklärt der Geschäftsführer. Die Erfolgsgeschichte ist noch nicht zu Ende: „In diesem Jahr ist ein stärkerer Ausbau der Klettbänder vorgesehen. Zwei Vertriebs-Niederlassungen sind im europäischen Ausland geplant“, sagt Leendertz.

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