Ein Ohr für besorgte Bürger

Jungautor Ali Can stellt im Südbahnhof sein Buch vor. Im Gespräch mit den Krefeldern überzeugt er — mit seinem Verständnis für ihre Sorgen.

Ein Ohr für besorgte Bürger
Foto: Andreas Bischof

„Danke“ ist das häufigste Wort an diesem Abend, das aus dem Mund des Referenten kommt. Ali Can liest im Südbahnhof, auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des CDU-Bundestagsabgeordneten Ansgar Heveling, aus seinem Buch „Hotline für besorgte Bürger“, das ihn überregional bekannt gemacht hat. Darin fasst er seine Gespräche zusammen, die er als „Telefonseelsorger“ für sogenannte „besorgte Bürger“ geführt hat.

Er selbst versteht den Begriff besorgte Bürger „ganz anders“, als es andere und auch die Medien verwendeten. „Der Begriff Dunkeldeutschland, für Ostdeutschland, finde ich ganz unpassend.“ Er wünscht sich zunächst einen Austausch und bringt seinen Gesprächspartnern Wertschätzung entgegen. Wenn er an seiner „Hotline für besorgte Bürger“ telefoniert — und auch den Gästen im Südbahnhof. Er muss als Experte für Integration — manchmal auch für Islam- und Türkeifragen — Rede und Antwort stehen.

Wie sieht es mit dem Respekt muslimischer Schüler ihren Lehrerinnen gegenüber aus? Darf der türkische Präsident in Deutschland Reden halten? „Nein, das müssen wir nicht hinnehmen“, meint Can, dessen Eltern vor Diskriminierung geflüchtet sind. Konkrete Antworten, da wo er sie hat. Aber Can ist auch für Differenzierung. „Was mach ich denn, wenn mir meine Schüler nicht die Hand geben wollen?“ Die Frage einer Religionslehrerin bringt Can ins Stutzen. „Ich gebe die Frage zurück. Was macht man?“ Can begreift es jederzeit das Gespräch im Laufen zu halten. Beide einigen sich darauf, den Schüler in die Schranken zu weisen. Es hat was mit Respekt zu tun. Den bringt Can seinen Zuhörern immer entgegen — keine Frage ist unangebracht. Solch eine Gesprächskultur wünscht er sich in Fragen der Integration für ganz Deutschland. Abwechselnd liest Can aus seinem Buch, dann beantwortet er Fragen des Publikums. Oder die der Journalistin und Moderatorin Michaela Rensing. „Danke für die Frage. . .“ oder „Danke für Ihren Beitrag“, heißt es zunächst — dann beginnt er erst mit seinem Redebeitrag.

„Ich vermisse die Zweibahnstraße“, sagt ein Zuschauer. „Ich sehe nicht, dass es hier in Krefeld so ist, dass die Flüchtlinge auf uns zukommen.“ Can steht auf und bedankt sich zunächst. „Ich kann auf Menschen zugehen, ich bin offen, selbstsicher“ — man nimmt es ihm direkt ab —, „mein Bruder aber zum Beispiel ist ganz anders. Ihm fällt es schwer. Es ist eine Typfrage“, so Can. Er versucht, um Verständnis zu werben. „Sind Sie mit der Antwort zufrieden?“ Rensing fragt direkt beim Zuschauer nach. „Die Antwort war gut und richtig. Sie hilft mir zwar nicht weiter. Die Bereitschaft, auf uns zu zugehen, ist ganz wichtig. Und die Sprache ist der Schlüssel.“ Ganz im Sinne von Ali Can, der meint: „Erst die Muttersprache zu lernen und dann Deutsch finde ich richtig schwierig.“

Can hört zu, nimmt Fragen auf und stellt selbst welche — aber vor allem erzählt er von seinen Erfahrungen. Er möchte als Brückenbauer wirken. Und beantwortet immer noch Fragen am Telefon, bei der Hotline für besorgte Bürger. „Kritik ist nicht immer gleich Hetze“, sagt er. „Und zuhören heißt nicht immer zustimmen.“

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