Die Stadt legt alle Rolltreppen still

Der Tüv hat gravierende Mängel aufgedeckt. Händler bangen um ihre Existenz.

Krefeld. Erstaunlich ruhig war es am Freitag um 12 Uhr in der Ostwall-Unterführung. Das gewohnte Brummen der in die Jahre gekommenen Rolltreppen fehlt. Plötzlich betritt Hartmut Könner, Leiter des Tiefbauamtes, die Szenerie.

Hektisch lädt Toni Milillo, Inhaber der Schuhbar, seine Nachbarn in sein Ladenlokal ein. Krisensitzung. Eine halbe Stunde wird intensiv und lautstark debattiert. Der Grund: Die Stadt hat gestern vormittag sämtliche Rolltreppen in den beiden Unterführung, also auch in der am Theaterplatz, stillgelegt.

Für das halbe Dutzend Geschäftsleute eine Katastrophe. "Ohne Rolltreppe ist hier nichts los. Tote Hose", meint Milillo, der seit mehr als 25 Jahren als Schuster in der Unterführung tätig ist. Sein Nachbar, Ahmed Rizgar (Schneiderei D+S) sagt: "75 Prozent der Leute, die hier durchlaufen, sind älter als 60 Jahre. Wenn sie den Service der Rolltreppe nicht mehr haben, werden sie wegbleiben."

Hans-Georg Vieten, der seit zwei Jahren den Kiosk am Bahnsteig-Abgang betreibt, meint: "Ich habe hochgerechnet, dass hier täglich 3500 bis 4000 Menschen durchlaufen. 40 Prozent von denen werden ohne Rolltreppe wegbleiben."

Warum die Stadt gezwungen war, die rollenden Stufen zu schließen, erklärt Baudezernent Thomas Visser. "Ein TÜV-Gutachten hat festgestellt, dass die Korrosion an den Metallteilen und der Verfall der Elektroleitungen so weit fortgeschritten ist, dass die Betriebssicherheit stark beeinträchtigt ist."

Nach WZ-Informationen haben die maroden Stromleitungen zu Kriechstrom geführt, der vor allem für Menschen mit Herzschrittmachern gefährlich ist. Für gesunde Menschen sind die leichten Stromentladungen in der Regel ungefährlich. Was die Geschäftsleute weiter verärgert: Sie erhielten von Könner keine Aussage, ob die Unterführung langfristig bestehen bleibt oder renoviert wird.

Gerüchte kursierten, das Aus für die Rolltreppen hänge mit einem Auszug des Kaufhofs aus dem alten Horten-Haus Ende 2009 zusammen. Dem widerspricht Geschäftsführer Volker Krips energisch. "Wir werden definitiv nicht 2009 schließen. Auch Edeka hat erst kürzlich seinen Mietvertrag verlängert."

Derzeit investiere Kaufhof rund 300 000 Euro in das Haus, mehrere Bereiche werden renoviert und umgestaltet. "Die Konzernleitung plant solche Investitionen mit einem Horizont von mindestens fünf Jahren", sagt Krips. Er selber wird im Dezember 2011 das Rentenalter errichten.

Eine Ungewissheit bleibt: Die amerikanische Investmentgesellschaft, die das Haus erworben hat, will den Kaufhof als Mieter loswerden, um dort zum Beispiel ein Hotel zu errichten. Sie hat auch mit Eigentümern nebenan Gespräche über eine noch größere Lösung geführt.

Der Kaufhof hat eine Option, den Vertrag um jeweils fünf Jahre zu verlängern. Die Investmentgesellschaft könnte aber finanzielle Anreizen bieten, auf die Option zu verzichten. Wann der nächste Zeitpunkt für eine Verlängerung ist, war nicht zu erfahren.

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