Statistik Die Quote steigt: 15 Prozent der Krefelder sind überschuldet

Nach den jüngsten Zahlen von Creditreform steht die Seidenstadt im Ranking der Städte und Kreise auf Platz 380 von 402.

Statistik: Die Quote steigt: 15 Prozent der Krefelder sind überschuldet
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Krefeld. Es ist lange her, dass Krefeld zu den reichsten Städten des Landes gehörte und es vielen Bürgern wirtschaftlich gut ging. Nach den jüngsten Zahlen der Creditreform AG häufen die Krefelder immer mehr Schulden an. Mit einer Schuldnerquote von rund 15 Prozent nimmt Krefeld im Ranking von 402 deutschen Kreisen und kreisfreien Städten Platz 380 ein. Besorgniserregend ist, dass es sich um keinen Ausreißer handelt, sondern eine kontinuierliche Fehlentwicklung. Seit 2011 stieg die Quote von 12,80 auf 15,03 Prozent.

Es ist sicher kein Ruhmesblatt, zu den Ärmsten in der Region zu gehören. Es lindert auch nicht das unbehagliche Gefühl, wenn Mönchengladbach (16,01 Prozent), Duisburg (16,64) und Wuppertal (18,08) als Drittletzter noch schlechter dastehen. Schließlich ist man vom Durchschnitt in Deutschland, der bei rund zehn Prozent liegt, meilenweit entfernt. Auch Nordrhein-Westfalen liegt mit 11,66 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

Bleibt die Frage nach den Gründen. Die aktuelle Arbeitslosenquote von Krefeld beträgt 10,3 Prozent. Auch wenn sie gegenwärtig minimal gefallen ist, ist sie aufgrund der Industriestruktur traditionell hoch und korreliert mit dem hohen Schuldenstand der Privathaushalte. Weitere Gründe sind darüber hinaus Krankheit, Unfall, Sucht, Trennung oder finanzielle Misswirtschaft beim Konsum.

Auch Gruppen, die früher weniger tangiert waren, sind betroffen. So verschulden sich laut Creditreform immer häufiger Frauen. Dass die Überschuldungsquote bei den über 70-Jährigen dramatisch zugenommen hat, verwundert weniger. Schließlich verstärkt die Rentenentwicklung die Altersarmut. Auch die Überschuldungsintensität ist gestiegen. In Deutschland leisteten 220 000 Menschen in diesem Jahr den Offenbarungseid (plus 5,6 Prozent).

Die Zahlen überraschen Elisabeth Elsner nicht. „Die Anfragen von Menschen mit Zahlungsschwierigkeiten nehmen kontinuierlich zu“, stellt die Leiterin der Krefelder Verbraucherzentrale fest. Verstärkt meldeten sich auch Menschen, die neu in Deutschland sind. „Sie brauchen Internet und Smartphone-Anschluss, kennen aus ihren Heimatländern nur Prepaid-Karten und begreifen die hiesigen Verträge nicht. Wie soll jemand, der Probleme mit der deutschen Sprache hat, die kleingedruckten Modalitäten verstehen, bei denen schon Einheimische an ihre Grenzen stoßen? Es ist ein Elend.“

Dabei verweist sie auf den neuesten Trick mit Prepaid-Kreditkarten, die auch an Geringverdiener, Arbeitslose und Jugendliche ausgegeben werden. Die Karten, mit denen man auch Bareinkäufe tätigen kann, gibt es ohne Bonitätsprüfung und selbst bei negativem Schufa-Eintrag. Der Eigentümer muss die Karte vor Gebrauch aufladen, ist also sein eigener Kreditgeber, zahlt dafür auch noch Gebühren.

Als weitere Schuldenfalle nennt die Verbraucherschützerin Kreditfinanzierungen jeglicher Art. Elsner: „Kein Kredit ist geschenkt. Die Kreditfalle lauert bei jedem Ratenkauf.“ Die Verbraucherzentrale NRW nennt als Beispiel die Null-Prozent-Finanzierung wie sie Möbelhäuser, Elektromärkte und Autohäuser anbieten. Der Kaufpreis für die Ware wird über die Kreditauszahlung direkt an den Händler beglichen, der Kunde zahlt in der Folge die Raten an das Kreditinstitut. Dabei ist das verlockende Angebot nichts anderes als eine Werbemaßnahme zur Steigerung der Verkaufszahlen. Nach einer Studie der GfK Finanzmarktforschung von 2012 gaben 53 Prozent der Verbraucher an, sie hätten beim Händler nicht gekauft, wenn es die Möglichkeit der Finanzierung nicht gegeben hätte.

Laut Elsner gibt es nach wie vor großen Aufklärungsbedarf. Dabei bietet sie mit ihren Mitarbeitern nicht nur selbst Hilfe an, sondern fordert auch öffentliche Unterstützung — zum Beispiel an Schulen. Im Übrigen sollte man vor jeder Kreditaufnahme die Dringlichkeit des Bedarfs prüfen. Zu prüfen sei auch die Alternative, zuerst Geld anzusparen, um dann von den teils hohen Rabatten beim Barkauf zu profitieren, die zum Beispiel bei Autos bis zu 20 Prozent betragen.

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