Architektur Schwanenmarkt-Pläne: Keine austauschbare Einkaufsinsel erwünscht

Der Investor bewegt sich kaum, Politik muss hartnäckig bleiben. 2018 als Eröffnungstermin ist zu optimistisch.

Krefeld. Jahrhundert-Chance Schwanenmarkt. Als nichts weniger hat die Krefelder Architektin Claudia Schmidt den anstehenden Umbau zuletzt bezeichnet. Zu Recht. Und dabei die Sorge mit einigen hiesigen Kollegen aus dem Gestaltungsbeirat geteilt, dass die Politik irgendwann die Nerven verliert und sich den Vorstellungen des Investors Schapira-Group fügen wird. Ebenfalls zu Recht.

Zweimal hat der Gestaltungsbeirat die Pläne der Investoren moniert, zweimal sind sie mit minimalen Veränderungen wieder zurückgekommen. Jetzt liegt der WZ das Protokoll mit dem neusten Entwurf des Dortmunder Planungsbüros MSP vor. Fazit: Die Vorstellung der hiesigen Experten und der Eigentümer liegen immer noch meilenweit auseinander.

Schwanenmarkt: Gegenwart und Zukunft im Vergleich
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Dabei gibt sich das neue Schwanenmarkt-Management um den erst 26-jährigen Christopher Wessel überaus optimistisch. Von einer Fertigstellung 2018 ist die Rede. Wer das Protokoll aus der letzten Gestaltungsbeiratssitzung liest, muss zu einer weniger euphorischen Bewertung kommen. Die Knackpunkte scheinen derzeit nicht zu lösen zu sein.

MSP plant im Auftrag der Schapira-Brüder weiterhin mit einer Hochgarage an der Breite Straße, der Gestaltungsbeirat fordert: Blech unter die Erde. „Die skizzierte Fassade einer Hochgarage wirkt monoton und entspricht nicht den Inhalten aus dem Workshop“, heißt es mit Blick auf die Arbeitsgruppen im Dezember 2015. Und weiter: „Die Fassade einschließlich der Erdgeschossdarstellung interpretiert das Gegenteil von dem, was diskutiert wurde.“ Das klingt nicht nach Fortschritt, das impliziert die Beweglichkeit eines Kachelofens.

Außerdem geht es dem Gestaltungsbeirat nach wie vor um die städtebauliche Einbindung des historischen Stadtkerns für die Bereiche Breite Straße und Evertsstraße. Zum einen sollten die historischen Straßenfluchten aufgegriffen werden, damit der ehemalige Altstadtbereich mindestens räumlich wieder wahrgenommen wird. Zum andern geht es um eine Anpassung der Baukörperentwürfe. „Die würden bislang nur rudimentär als Skizze dargestellt und entsprechen nicht den gewünschten Zielvorstellungen.“

Zu sehen sind sie in den drei Skizzen rechts. Dazu heißt es: Die Fassadenformulierungen am Schwanenmarkt seien geschickt, aber durch unrealistische Perspektiveinstellungen dargestellt. Was offenbar zudem immer noch fehlt, ist der erkennbare Wille, dem Schwanenmarkt-Platz seine Funktion als Verweilstätte mit hoher Aufenthaltsqualität zuzugestehen.

Das, hört man aus Reihen der Architekten, sei „hinter einer Glasfassade nicht erreichbar“, man brauche keine austauschbare Eventarchitektur. Um noch mal Architektin Schmidt und ihre Forderung seinerzeit im WZ-Gespräch zu zitieren: „Der Alte Markt um den Schwanenmarktbrunnen soll wieder als Kulisse für urbanes Leben gestaltet werden, mit Außengastronomie vor der Südfassade. Der Eingang des Einkaufszentrums muss dafür an die Ecke der Evertsstraße verlegt werden. Ein bisschen mehr Dolce Vita, ein bisschen weniger Vero Moda. Dafür braucht man Mut.“ Zu Recht, zum dritten.

Zum Mut müsste sich allerdings auch Ausdauer gesellen. Der Gestaltungsbeirat darf nur Empfehlungen aussprechen, entscheiden wird die Politik. Und die hatte es zuletzt fertiggebracht, der Handelskette P&C zu erlauben, fünf Meter in die Friedrichstraße hineinzubauen, damit sie nach Krefeld zurückkehre.

Immerhin regt sich hier etwas. Die CDU will von der Verwaltung spätestens im nächsten Planungsausschuss am 1. Dezember wissen, welche Möglichkeiten die Stadt gegenüber dem Investor habe und ob der historische Stadtgrundriss berücksichtigt werden könne. Dabei ist keine Eile geboten. Nach WZ-Informationen rechnet selbst das Planungsbüro MSP nicht mehr mit einem Offenlagebeschluss der Pläne in diesem Jahr.

Der Investor hat die erforderlichen konzeptionellen Überarbeitungen noch nicht geleistet. Die Frage bleibt, ob er das überhaupt vor hat? Denn die für Krefelds vielleicht beste Lösung ist aus Investorensicht sicher nicht die wirtschaftlichste. Am Ende müssen sich die vor allem kulturhistorischen Ansprüche der Krefelder Experten für den Investor darstellen lassen.

Der Einfluss ist beschränkt, was die Sanierung der Bestandsgebäude angeht. Dazu heißt es bei der Stadt im umständlichen, aber dafür unmissverständlichen Bürokratendeutsch: „Es gibt für das Gebiet einen gültigen Bebauungsplan. Planungen, die sich im Rahmen dieses B-Plans bewegen (z.B. Umbaumaßnahmen im Bestandsgebäude), sind von der Verwaltung und Politik insofern nicht zu beeinflussen, dazu müsste eine bauordnungsrechtliche Prüfung erfolgen. Sollte das Bauvorhaben die im B-Plan festgelegten Vorschriften überschreiten, wäre ein Bebauungsplan-Änderungsverfahren erforderlich.“

Und ein Ratsbeschluss. Die Schapira-Group tut gut daran, außerhalb des Bestands kompromissfähig zu bleiben und das öffentliche, kulturhistorische Umfeld mit einzubeziehen in die Planung. Mit einer austauschbaren Einkaufsinsel, die ihre Kunden in den Keller schickt, gewinnt sie selbst zu wenig.

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