Die Kaffeetasse - ein Stück Privatleben auf der Arbeit

Die Kaffeetasse ist für viele Menschen mehr als ein Trinkgefäß. Ihre Bedeutung im Büro ist sogar wissenschaftlich erforscht.

Die Kaffeetasse - ein Stück Privatleben auf der Arbeit
Foto: Ulrike Gerards

Krefeld. „Wo ist meine Kaffeetasse?“ Diese Frage hat wahrscheinlich jeder, der mit Kollegen zusammenarbeitet, schon einmal gehört. Die Tasse ist in Büro und Co. oft mehr als ein Trinkbecher. Sie bedeutet „ein Stück Privatheit am Arbeitsplatz“. Das hat der Kulturwissenschaftler Matthias Henkel in seiner wissenschaftlichen Studie über die „Trinkkultur am Arbeitsplatz“ bereits 1997 festgestellt. In einer Umfrage hat er herausgefunden, dass 70 Prozent der Angestellten eine persönliche Tasse haben. Je älter der Arbeitnehmer, desto häufiger geht der Trend zur eigenen Tasse. Frauen liegen mit 73 Prozent der Befragten leicht vor den Männern mit 69 Prozent.

Auf dem Becher kann man die Erinnerung an eine schöne Reise bei sich haben oder Komplimente wie „Beste Kollegin der Welt“ präsentieren. Man kann seine Art von Humor mit lustigen Sprüchen à la „Kein Kaffee ist auch keine Lösung“ oder auch „Ich Chef — Ihr nix“ unter Beweis stellen. Man kann sein Sternzeichen oder den Lieblingsfußballverein kundtun. Für viele ist die eigene Tasse ein „stiller Protest gegen die Uniformität moderner Büroausstattungen“, schreibt der Forscher.

Ein Experte für Kaffeetassen ist auch Diplom-Designer Knut Michalk von der Hochschule Niederrhein. Zum neunten Mal haben Designstudenten der Hochschule unter der Projektleitung von Michalk in diesem Jahr Entwürfe für die Krefelder Weihnachtstasse angefertigt. Eine Jury kürt stets den Gewinner.

Anfang des 18. Jahrhunderts ergänzte Meißen die Teeschale mit dem Henkel für Tee und Kaffee, berichtet Michalk von der Entstehung. Ende des 18. Jahrhunderts kristallisieren sich getränkespezifische Tassenformen heraus. „Litron aus dem Französischen gilt als Vorläufer unserer heutigen Kaffeetasse“, berichtet der Experte. Das Tassendesign sei auch und gerade heute stark vom Herstellungsverfahren beeinflusst. Der zumeist eingedrehte Tassenkörper ist in der Regel rund und mittels einer einteiligen Arbeitsform herstellbar.

Flexibler ist man da bei der Herstellung im Gießverfahren. Das Hotel- und Gastronomieporzellan hat ganz eigene Gebrauchsanforderungen wie zum Beispiel die Stapelbarkeit. Darauf müssen die Studenten bei der Kreation der Krefelder Weihnachtstassen natürlich keine Rücksicht nehmen. Die unterschiedlichsten Formen sind da jedes Jahr vertreten. Mal ausgefallen, mal klassisch. Gewonnen hat in diesem Jahr Susanne Boers mit einer schicken schlichten, hohen Form. Die Sammeltasse ist mit einem stilisierten Weihnachtsbaum versehen.

Espresso, Cappuccino, Café Crème, Milchkaffee und noch viel mehr — für jede Kaffeekreation gibt es die passende Tasse. Besonders für Espresso-Liebhaber kann die Form durchaus entscheidend sein, denn mit der richtigen Tasse lässt sich der Schaum, die Crema, am besten herstellen und bewahren.

Nicht zu breit darf die Öffnung nach oben sein, da sonst die Crema zerfließt. Eine Wölbung des Tassenbodens nach oben kann das Zerfließen verhindern. Die Tasse sollte auf jeden Fall warm und trocken sein. Zum Vorwärmen haben viele Maschinen und Vollautomaten eine spezielle Tassenablage.

Übrigens kann tatsächlich auch die Farbe der Tasse Einfluss auf den Geschmack haben. Zumindest haben Wissenschaftler der Universitäten Valencia und Oxford herausgefunden, dass den Testpersonen ihre Schokolade in einer orange- oder beigefarbenen Tasse besser schmeckte als das gleiche Getränk in einer andersfarbigen Tasse. Der Kakao in einer weißen Tasse schnitt am schlechtesten ab, den Inhalt der roten Tassen hielten die Tester für süßer. Eine Untersuchung mit Kaffee würde sicher auch interessante Ergebnisse liefern . . .

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