Dehoga: "Krefelds Gastronomie stirbt"

Walter Sosul vom Dehoga ist wegen des Leerstands besorgt. Ein Grund: Banken gewähren keine Kredite.

Krefeld. Es ist erst ein paar Monate her. Im September berichteten wir, dass die Traditionsgaststätte Herbst Pitt an der Marktstraße 77 einen neuen Pächter gefunden hat. Nun, vier Monate später, ist die Gaststätte schon wieder geschlossen. „Die Pächter, die Familie Fiene, hatten Familienstreitigkeiten, da ist das Ganze auseinandergebrochen“, sagt Georg Mäurers, dem die Immobilie gehört.

Herbst Pitt ist nur ein Beispiel von vielen. In Krefeld stehen viele Restaurants und Kneipen leer. „Es gibt ein Gastronomiesterben in Krefeld“, konstatiert Maklerin Elisabeth Kersten von Lomberg Immobilien. Sie vermarktet Lus Bell in Hüls und das Varga’s in der Stadtmitte. Das sind nur zwei weitere Namen von vielen bekannten. In Immobilienportalen im Internet sind auch der Schütenhof in Bockum, das Grappolo d’oro, Haus Blumenthal, das Restaurant Silberkelch in Cracau oder auch das Restaurant Orchidee in Forstwald gelistet.

Auch Walter Sosul, Vorsitzender der Kreisgruppe Krefeld des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) bescheinigt Krefeld ein Gastronomiesterben. „Da muss man kein Genie sein, um das festzustellen. Man muss nur im Internet nachsehen, wie viele Betriebe zum Verkauf stehen“, sagt er. Derzeit gebe es mehr als 30 Betriebe, für die keine Nachfolge gefunden wird.

Erklärungen gibt es mehrere. „Das kann man nicht an zwei, drei Sachen fest machen, da kommt viel zusammen“, sagt Sosul. Ein Generationenwechsel bei den Gastronomen sei beispielsweise ein Grund, sagt Elisabeth Kersten. „Viele Eigentümer geben aus Altersgründen ihren Betrieb auf und haben Mühe, Nachfolger zu finden.“ Auch Gastronom Manfred Gietz sucht aus Altersgründen einen Nachfolger für seinen Burghof in Fischeln. Bis ein Käufer gefunden ist, läuft der Betrieb aber ohne Einschränkungen wie gehabt weiter.

Für Kersten, Mäurers und Sosul ist auch ein verändertes Ausgehverhalten der Kunden ein Erklärungsgrund. „Die Leute gehen nicht mehr so viel aus, ihnen fehlt ein bisschen das Geld“, sagt Georg Mäurers. Auch die Bindung zu Restaurants und Kneipen sei nicht mehr so wie früher, findet Sosul. Traf man sich früher in seiner Stammkneipe im Stadtteil, gehe man heute mal zum Italiener auf einen Wein und mal in die Kneipe um die Ecke auf ein Bier. „In Großstädten wird die Kultur der Stammkneipen nicht so gepflegt“, sagt Sosul.

Warum ist es aber so schwierig, die Betriebe erfolgreich zu verpachten oder zu verkaufen? Gerade für Neugastronomen sei es derzeit schwierig, an das notwendige Kapital zu kommen. Sosul: „Die Banken schreien im Moment nicht ,Hurra’ bei der Gastronomie.“ Nur solvente Kunden hätten eine Chance.

Diese Beobachtung hat auch Maklerin Kersten gemacht. „Unternehmertum in diesem Bereich wird von Banken nicht unterstützt. Unter 50 Prozent Eigenkapital ist nichts zu machen.“

Für Sosul spielt aber teilweise auch der Zustand der Objekte eine Rolle. In einigen Fällen sei die Immobilie vernachlässigt worden und über einen längeren Zeitraum nichts für deren Erhalt getan worden. „In Betriebe, die schon lange am Markt sind, muss investiert werden“, sagt Sosul. Dann passten die finanziellen Vorstellungen von potenziellen Pächtern und Käufern sowie Eigentümern einfach nicht zusammen.

Das Gastronomiesterben lässt sich statistisch indes nicht nachweisen. 2007 wurden bei der Stadt 104 Konzessionen mit alkoholischem Ausschank vor Ort erteilt, sagt Stadt-Pressesprecherin Angelika Peters. 2008 waren es 91, 2009 waren es 113 und im vergangenen Jahr 111. Ein Erklärungsgrund für die recht konstanten Zahlen könnten häufige Besitzer- und Betreiberwechsel sein, sagt Peters. Für Sosul steht aber fest: „Im Moment machen mehr Betriebe zu als auf.“

Immerhin wird das Herbst Pitt nicht lange geschlossen bleiben. Georg Mäurers kündigt an: „Im Mai wird es auf jeden Fall wieder öffnen.“ Klaus Rudolph will die Gaststätte übernehmen.

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