Colonia Dignidad: Demonstration vor Haus von Ex-Sektenarzt Hopp in Krefeld

"Hopp soll sein Schweigen brechen": Menschenrechtler demonstrierten vor dem Haus des früheren Sektenarztes. Sie fordern eine neue Anklage.

Colonia Dignidad: Demonstration vor Haus von Ex-Sektenarzt Hopp in Krefeld
Foto: LS

Krefeld. Sie sind nicht zum ersten Mal in Krefeld. Paul Heller und seine Mitstreiter sind gut vorbereitet: Sie haben ein Stehpult mit Mikrofon, dazu Schilder, Fahnen und schwarz-weiße Porträts mitgebracht. Auch wenn die Gruppe nur 25 Menschen umfasst, ziehen sie die Blicke der Krefelder auf sich. „Hablen! Sprecht! Bringt die Wahrheit ans Licht“ steht auf einem großen weißen Laken geschrieben.

Scheinbar wahllos wird es in die Höhe gereckt und doch halten es die deutschen und chilenischen Menschenrechtler bewusst in Richtung eines Mehrfamilienhauses in der Krefelder Innenstadt. In dem Haus befindet sich die Wohnung des ehemaligen Sektenarztes der Sektengemeinschaft Colonia Dignidad (CD) Hartmut Hopp. Wegen ihm sind die Mitglieder der Organisation Justicia Memoria Colonia Dignidad an diesem Samstag nach Krefeld gekommen. „Die deutsche Justiz ermittelt seit 1985 ergebnislos gegen Mitglieder der Führungsebene der Colonia Dignidad“, sagt Heller. „Die Menschenrechtler glauben an einen Schweigepakt der Führungsriege der Colonia Dignidad und fordern deshalb: „Führungsmitglieder wie Hartmut Hopp sollen ihr Schweigen brechen“.

Sie wollen Aufklärung, Entschädigung und Gerechtigkeit für die, die unter dem menschenverachtenden Regime von Sektenführer Paul Schäfer leiden mussten. „Es gibt diverse Opfergruppen der Verbrechen der CD: die internen Sektenopfer, die Opfer der Zusammenarbeit der Repressionsorgane der Pinochet-Diktatur mit der CD und die chilenischen Missbrauchsopfer aus der Region der CD. Wir stehen mit Opfern all dieser Gruppen in Kontakt und unterstützen sie“, berichtet Heller.

Die Menschenrechtler wollen ihre Auftritte aber auch als Aufforderung an die Ermittlungsbehörden verstanden wissen. „Nach 30 Jahren der Ermittlungen sagen wir: Es ist Zeit Ergebnisse, zu präsentieren, die Ermittlungen zu vertiefen, zu beschleunigen und gegebenenfalls Anklage zu erheben.“

Die Krefelder Staatsanwaltschaft konnte bei einem Auslandsbesuch im Mai persönlich mit chilenischen Ermittlern und Richtern sprechen. Ob das Zusammentreffen aber neue Erkenntnisse — beispielsweise zum Verschwinden von drei Gewerkschaftern auf dem Sektengelände — bringt, vermag Oberstaatsanwalt Axel Stahl noch nicht zu sagen. „Wir sind noch dabei, die Unterlagen, die wir aus Chile bekommen haben, zu übersetzen und auszuwerten.“

Heller bewertet die Auslandsreise positiv. „Die vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz geleitete Reise einer fünfköpfigen Delegation war richtig und ist hoffnungsvoll. Wichtig sind jedoch die konkreten Maßnahmen und Prozesse, die sich daraus ableiten.“

Die Menschenrechtler hoffen auf neue Ermittlungsansätze und appellieren an die Behörden. „Wir denken, dass Herr Stahl (Axel Stahl, Anm. d. Red.) und Kollegen bereits sieben Jahre Zeit hatten, zu ermitteln und hoffen auf eine baldige Anklageerhebung. Wir appellieren an dieser Stelle auch noch einmal an das Landesjustizministerium NRW, alle notwendigen Mittel für die Ermittlungen bereit zu stellen und ihnen höhere Priorität einzuräumen.“

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf, das Urteil des Krefelder Landgerichts, die gegen Hartmut Hopp verhängte Strafe in Chile wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch in Deutschland zu vollstrecken, steht weiter aus.

Hopps Anwalt, Helfried Roubicek, hatte im vergangenen Jahr Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Krefelder Landgerichts eingelegt. Seitdem liegt der Fall in Düsseldorf.

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