Burg Linn wird für Veranstalter zur Festung

Die Stadt verschärft massiv die Auflagen. Das kann für manche Kulturereignisse das Aus bedeuten.

Krefeld. Die Bands sind gebucht, Burg Linn ist angemietet, der Vorverkauf läuft: Eigentlich haben Günter Holthoff und seine Mitstreiter allen Grund, zufrieden zu sein. Das 27. Festival „Jazz an einem Sommerabend“ ist auf einem guten Weg. Dachten sie jedenfalls.

Dann kam am 20. Mai eine Mail von der Stadt, in der — keine zwei Monate vor dem Termin — neue Auflagen der städtischen Bauaufsicht angekündigt wurden. Katasterauszüge und Grundrisse werden angefordert, Zeichnungen, Pläne, ein Brandschutzkonzept — Gutachten für tausende von Euro. „Wir haben einen großen Schrecken gekriegt“, sagt Holthoff, der das Budget stets knapp kalkulieren muss.

Grund für die plötzliche Strenge der Behörden ist das Loveparade-Unglück vor einem Jahr in Duisburg. Damals wurden 21 Menschen im Gedränge getötet. Obwohl die Schuldfrage bis heute ungeklärt ist, wurden neue Richtlinien für Großveranstaltungen erlassen und die alten werden konsequent angewendet.

Damit ist der Innenhof der Burg, stets ein atmosphärisch einmaliger Standort für das Festival, „für uns gestorben“, wie Holthoff sagt. Nach den neuen Regeln dürfen statt bisher 700 Zuschauer nur 300 bis 400 in den Hof: „Das rechnet sich nicht.“

Aktuell verhandelt der Jazzklub deshalb „auf Hochtouren“, ob das Festival am 16. Juli in die Vorburg umziehen kann. Die ist für 2000 Menschen zugelassen — allerdings stärker den Launen des Wetters ausgesetzt.

Andere Veranstalter haben schon fast die Segel gestrichen. Die Technoparty „Summer Knights“, seit sieben Jahren fest im Veranstaltungskalender verankert, kann vermutlich aufgrund der strengen Auflagen nicht stattfinden.

„Wir verdienen schon jetzt nicht das große Geld damit“, sagt Organisator Mark Claesges. „Wenn nur noch 300 Leute in den Innenhof dürfen, ist das ein k.o.-Kriterium.“ Hinzu kämen vierstellige Kosten für den Gutachter.

Ähnlich sieht das die freie Kulturveranstalterin Birgitta Heller, die für 22. Juni die Folkband Rapalje in die Burg eingeladen hat: „Bei 300 Leuten bin ich finanziell raus. Die Band würde dafür auch nicht kommen.“

Sie sieht sich als Mieterin des Geländes und keinen Anlass, Gutachten zu beauftragen: „Wenn ich in einer Kneipe Bier trinke, gehe ich davon aus, dass der Wirt eine Konzession hat.“

Trotz der Kritik an der kurzfristigen Kehrtwende der Behörden, betonen die Veranstalter, dass die Stadt sich kooperativ und hilfsbereit verhalte. „Wir sitzen alle in derselben Falle“, sagt Günter Holthoff. Wie gefährlich die zuschnappen kann, zeigt eben jene Debatte nach dem Loveparade-Unglück: „Hinterher will sich doch keiner Vorwürfe machen lassen.“

Das gilt auch für die Organisatoren des Flachsmarktes, der am Wochenende auf der Burg stattfindet. Sie haben den Kampf mit den Vorschriften und das teure Gutachten schon hinter sich. Sie werden den Auflagen nur Herr, indem sie 80 zusätzliche Helfer einsetzen (siehe Kasten).

„Ich finde das prinzipiell in Ordnung, weil es der Sicherheit der Leute dient“, sagt Organisator Helmer Reitz von Frentz. „Aber eins ist klar: Wir können uns das nur leisten, weil 400 ehrenamtliche Helfer haben.“

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