Botschafter einer barocken Gefühlswelt

Das Quartett Prisma spielt im Rittersaal der Burg Linn und begeistert das Publikum mit Musik einer fast vergessenen Zeit.

Botschafter einer barocken Gefühlswelt
Foto: Mark Mocnik

Linn. Ihre Musik passt bestens in das Ambiente des Rittersaals der Burg Linn. Das Quartett Prisma, das die vorletzte Serenade der aktuellen Saison gestaltet, hat sich auf Alte Musik spezialisiert. So bieten sie eine musikalische Reise in das 16. und 17. Jahrhundert, also in die Zeit des Barocks. Dafür sind sie mit ihren Instrumenten gut ausgestattet: Franciska Anna Hajdu (Barockvioline), Elisabeth Champollion (Sopran- und Tenorblockflöte), Davíd Budai (Viola da Gamba) sowie Alon Sariel mit einer Laute. Schon die ersten Klänge der „Sonata a 4“ von Giovanni Paolo Cima (1570-1622) machen die Reise in die Klangwelt vor rund 400 Jahren deutlich.

Elisabeth Champollion

Ein musikalischer Dialog entwickelt sich vorwiegend zwischen Geige und Blockflöte, während die beiden Saiteninstrumente mehr den Part einer Begleitung übernehmen. Nach dieser Einstimmung übernimmt Champollion die Moderation: „Vielen Dank für Ihr Vertrauen in ein Barockkonzert.“ Und sie erläutert den Titel ihres Programms „Chromae — Farben des Barock“. Darin steckt auch die Anspielung auf die Chromatik, die Halbtonschritte, die durch Kreuzchen oder b-Zeichen notiert werden und nicht zu einer bestimmten Tonart gehören — was man auch als Laie durchaus erkennen kann. „In der Barockzeit war dies ein Mittel, um Gefühle, Leidenschaft in der Musik zu verstärken“, erklärt die Flötistin und warnt vor der „Sonata a Canto und Basso“ des Komponisten Cima, „wenn sich die Kreuze in die Eingeweide spielen“.

Deutlich fällt dies in der Interpretation dieses Stückes auf, vor allem als sie mit der Tenorflöte wieder eine führende Rolle übernimmt. Der musikalische Dialog zwischen den Instrumenten wird nicht nur hörbar, wenn eines das „Echo“ des vorangehenden zu sein scheint, auch in der Körpersprache der Ensemblemitglieder wird es immer wieder sichtbar, dass man sich durch das Spiel der Instrumente miteinander unterhält.

Da wird auch Alte Musik wieder höchst lebendig und das fein nuancierte wie hervorragend abgestimmte Spiel des Ensembles wird zu einer anschaulichen und gleichermaßen genussvollen Lektion über das Spezifische barocker Musik. Wie nah Klagendes und Tänzerisches in den Stücken weniger bekannter Komponisten jener Zeit, so zum Beispiel Adam Jarzebski (ca. 1590-1649), Giovanni Valentini (ca. 1582-1642) oder Salomone Rossi (1570-1630) liegt, wie sehr sie mit dem Stilmittel der Chromatik zu spielen verstehen, ist ein besonderes Hörerlebnis.

Die vier Ensemblemitglieder sind beste Botschafter jener Gefühlswelt. Aber auch ein temperamentvolles und virtuoses Spiel, das fast von den Sitzen reißen kann, ist ihre Sache. Da kann man sich nur wünschen, dass ihre Zugabe, eine Kostprobe aus ihrem neuen Programm „Il Transsilvano“ in der übernächsten Saison zu einer Fortsetzung dieses Musikerlebnisses führt.

Solch einen hohen Anteil mitwippender Fußspitzen sieht man im Rittersaal sehr selten und dürfte auch ein Ausdruck des Publikumswunsches sein — wie er auch in Worten nach dem Konzert noch geäußert wurde. Einen winzigen Schönheitsfehler hatte der Auftritt von Prisma am vergangenen Freitag aber: Er war entschieden zu kurz.

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