Biertour: Das Brauen ist Frauensache

Trinkfreudige Teilnehmer machten sich schlau darüber, wo Krefelder früher an der Theke oder am Braukessel standen.

Krefeld. Bier gehört zu Krefeld wie die Weiden zum Niederrhein. Der Einheimische hockt mit seinesgleichen gerne abends bei einem Alt, manchmal einem Kölsch, zusammen, um zu klönen, zu diskutieren und zu erzählen. Wie überall im Rheinland. Aber die Bierstadt Krefeld? Die kenne ich nicht! Also muss Abhilfe her und die kommt mit "Braumeister" Hermann-Josef Falke. Der ist kein echter Brauer, aber er hat die Zutaten für eine Biertour durch Krefeld zusammengemixt.

Die Tour startet auf der Neusser Straße. "Hier brannte die Luft", erzählt Falke. Die Neusser Straße sei um die Wende des 20. Jahrhunderts eine Vergnügungsmeile mit Tingeltangel-Lokalen vergleichbar der Reeperbahn gewesen - mittendrin die Hausbrauerei Wienges. Die Geschichte des Betriebs ist eng verbunden mit der Hausbrauerei Gleumes an der Sternstraße. Dort gründete Johannes Michael Wienges aus Linn eine Brauerei. Dessen Enkel Heinrich machte sich 1875 mit der Gaststätte "Zur Krone" an der Neusser Straße selbstständig.

Zum ersten Mal an diesem Abend heißt es dort "Prost". Das Wienges-Bier, schildert Falke, werde heute in einer Lohnbrauerei andernorts hergestellt. Im hinteren Bereich des Betriebsgeländes befinde sich jedoch noch das alte Brauhaus und eine Trinkhalle, wo die Gäste stehend ihr Wienges tranken. Die trinkfreudige Runde lauscht gebannt. Für den neuen Stadtrundgang gab es gleich zwei Basiszutaten: Einmal ein Aufsatz in der Heimat Nummer 77. "Das gab die Idee", so Robert Claßen von der Volkshochschule. Unabhängig davon plante Falke eine Wanderung zum Thema durch die Stadt. Einige Inhaltsstoffe wurden noch hinzugegeben, die Sache gärte und am Ende kam der Brauhaus-Wanderweg heraus.

Dass es sich lohnt, sich auf die Spuren der Krefelder Bierkultur zu machen, mag einem die hohe Zahl an Brauereien verdeutlichen: Im Jahr 1819 existierten in Krefeld 34 und im direkten Umland 39 Brauereien. "Die Kleineren standen nicht im Adressbuch", so Falke. In jeder Straße wurde wohl für den eigenen sowie den nachbarschaftlichen Bedarf gebraut. Und das Brauen war Frauensache. Sogar zur Aussteuer wurden Utensilien für die Bierherstellung mitgegeben.

Doch so sicher wie die Produktion heute abläuft, war es damals nicht. "Man konnte auch gesundheitliche Schäden bekommen", führt Falke an, denn nicht immer funktionierte die Braukunst und ein Reinheitsgebot gab es erst ab dem 15./16. Jahrhundert. Mit Folgen: "Oft wurden solche Brauerinnen als Hexen bezeichnet." Deren Schicksal endete dann schon mal auf dem Scheiterhaufen. Erst als Mönche sich auf das Brauen konzentrierten, die Brautechnik verbesserten, die Hopfen veredelten, verbesserte sich die Qualität des Biers. "Das war die Stunde der Hausbrauereien."

Die Tour geht weiter. Die nächste Einkehr erfolgt am Et Bröckske, benannt nach einer Brücke über den einstigen Stadtgraben. Die Brauerei Rhenania hat dort ihren Ursprung, aber Bier wird mitten in der Stadt schon lange nicht mehr hergestellt. Wie viele andere Brauereien wurde Rhenania verkauft. Das Bier unter dem Namen existiert immerhin noch. Andere traditionelle Braustätten, wie Tivoli an der Hülser Straße, wurden gänzlich durch die Abrissbirne aus der Geschichte getilgt und kein Etikett "Tivoli" aus Krefeld ziert mehr eine Flasche.

Die Tour zieht weiter. Die letzte Station heißt Gleumes, wo man sich zusammen die Herstellung des Bieres anschaut. Noch ein Glas, ein letzter Schluck und die gelungene Premiere ist vorbei. Prost! Auf ein Neues.

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