Baggersee am Grundend: Richter zerpflücken Bescheid der Stadt

Anordnung zur Rekultivierung eines Baggersees in Fischeln rechtswidrig.

Krefeld. Eine Unterrichtsstunde in Verwaltungsrecht haben Vertreter der Krefelder Stadtverwaltung am Freitag vom Verwaltungsgericht in Düsseldorf erhalten. Die 17. Kammer zerpflückte eine Ordnungsverfügung, in der aus Sicht der Richter elementare Regeln nicht beachtet worden sind.

Das Papier von Dezember 2010 hatte ein Kiesabbauunternehmen verpflichtet, innerhalb eines Dreivierteljahres einen See am Grundend zu rekultivieren und Böschungen zu befestigen. Aus ihm war viele Jahre lang Kies abgebaut worden. Mit der Klage gegen die Verfügung hatte die Gesellschaft gestern Erfolg: Die Stadtverwaltung zog den Bescheid nach einstündiger Verhandlung zurück.

1990 hatte die Stadt die Genehmigung erteilt, auf dem Gelände am Grundend Kies abzubauen. Dies geschah durch so genannte Nassabgrabung — Kiesabbau in einem See, der sich immer mehr vergrößerte. Ziel war es laut Genehmigung, so weit abzubauen, dass dort zwei vorhandene Seen zu einem wurden. Viele Firmen kamen und gingen, immer wieder wurde die Abaugenehmigung verlängert. Die sah bereits Rekultivierungsmaßnahmen vor für den Zeitpunkt, ab dem kein Kiesabbau mehr erfolgt.

Weil diese aus Sicht der Stadt ausblieben, schickte sie die Ordnungsverfügung. Dabei wurden nach Ansicht des Gerichts aber entscheidende Fehler gemacht. Zum einen wurde ein falsches Gesetz herangezogen — obwohl die Rechtsgrundlage nach Angaben der Vorsitzenden Richterin „glasklar ist“. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kiesabbau anders erfolgte als ursprünglich vorgesehen. So sind im westlichen Bereich 320 000 Kubikmeter Kies gar nicht abgebaut und die Seen auch nicht verbunden worden. Trotzdem nahm die Stadt die ursprünglichen Pläne als Maßstab für eine Rekultivierung: „Das ist, als hätte man einen Maßanzug, dann aber 20 Kilo abgenommen. Der passt auch nicht mehr“, sagte die Vorsitzende Richterin. Die Stadt müsse komplett neu planen.

Die Richter kritisierten auch, dass die Verwaltung die geforderten Rekultivierungsmaßnahmen nicht näher beschrieben hat. „Das Unternehmen wusste also nicht, was es eigentlich machen sollte.“

Weil ein großer Bereich mit Schwemmsand in dem See zurückblieb, der so nicht genehmigt sein soll, sieht die Verwaltung übrigens eine Gefahr für Menschen. Deshalb will sie die Gesellschaft eigentlich verpflichten, den Bereich auszubaggern. Das Problem: Über den Rechtsstreit hin — er füllt 35 Aktenordner — haben sich mittlerweile genau dort seltene Vogel- und Pflanzenarten angesiedelt. Das muss nun berücksichtigt werden.

Umweltamtsleiter Helmut Döpcke ärgert, dass eine solche Verzögerung neue Tatsachen schaffen und dazu führen könne, dass ursprüngliche Auflagen der Behörde nicht mehr erfüllt werden. Und er befürchtet, dass das Beispiel Schule machen könnte.

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