Krefelder Apotheker hoffen auf Verbot von rezeptpflichtigen Arzneimitteln im Internet

Krefeld. Zu den vielen Menschen, die auf eine neue „richtige“ Bundesregierung warten, gehören auch die Apotheker. Dabei dürfte diesen Berufsstand vor allem die Frage umtreiben, ob die mögliche Große Koalition (Groko), zeitnah ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf den Weg bringt.

Krefelder Apotheker hoffen auf Verbot von rezeptpflichtigen Arzneimitteln im Internet
Foto: Andreas Bischof

Der Koalitionsvertrag sieht ein solches Verbot vor. Man brauche „dringend und schnell“ ein Gesetz, das wieder einheitliche Preise bei rezeptpflichtigen Medikamenten herstelle, so Friedemann Schmidt, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Versandhändler müssen sich seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Oktober 2016 nicht mehr an die einheitlichen Preise halten, die für die sogenannten Präsenzapotheken bei verordneten Medikamenten gelten.

Auch Silke Völker, Betreiberin der Engel-Apotheke an der Uerdinger Straße und stellvertretende Pressesprecherin der Krefelder Apotheken, sieht die derzeitige Situation am Markt mit Unbehagen. „Was mich persönlich sehr stört, ist die aggressive Werbung einer bekannten niederländischen Versandapotheke mit Rabatten“, sagt sie.

Der Anbieter würde Rabatte gewähren, die den niedergelassenen Apotheken in Deutschland gesetzlich verboten wären. Dabei geht es konkret um die gesetzliche Zuzahlung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten.

„Chronisch Kranke, die mit dem Internet umgehen können und aufs Geld schauen, könnten darin schon einen Anreiz sehen“, so die Apothekerin. Wenn da kein gesetzlicher Riegel vorgeschoben würde und Angebote dieser Art weiter um sich greifen würden, „dann sind wir irgendwann die Benachteiligten, die nur noch für die Akutversorgung gebraucht werden“.

Damit meint Völker unter anderem Notdienste und die Herstellung von Rezepturen. Alles gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben, von denen allein man aber nicht existieren könne, sagt sie.

Der modernen Welt verschließen würden sich die Apotheker ihrer Aussage nach nicht. „Zum Beispiel gibt es auch in Krefeld schon Apotheken, bei denen Kunden ihre Medikamente per Whatsapp bestellen können.“ Dafür müsste lediglich das Rezept abfotografiert werden. Allerdings: Das Bestellte darf nicht einfach per Bote aus der Apotheke nach Hause gebracht werden. „Es muss eine qualifizierte Beratung erfolgen.“

Verbandspräsident Schmidt warnt: „Derzeit haben wir noch eine flächendeckende Versorgung. Wenn wir uns aber auf Dauer bei rezeptpflichtigen Medikamenten einen unsinnigen Preiswettbewerb mit ausländischen Arzneimittelversendern liefern müssen, wird das nicht mehr so bleiben.“

Laut ABDA ist die Zahl der Apotheken in Deutschland Ende 2017 auf 19.748 gesunken — 1,4 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Damit habe sich der Rückgang weiter beschleunigt. Die aktuelle Zahl markiere den tiefsten Stand seit 30 Jahren — 1987 gab es demnach in Ost- und Westdeutschland zusammen mit 19 637 letztmalig noch weniger Apotheken.

Der Rückgang von 275 Betriebsstätten ergibt sich aus der Differenz von 120 Neueröffnungen und 395 Schließungen. Auffällig sei, dass auch der Trend zur Eröffnung von Filialen immer schwächer werde und damit die Schließungen von Apotheken immer weniger kompensiert werden können. Hintergrund: In Deutschland gilt das Fremd- und Mehrbesitzverbot, das es Apothekern erlaubt, neben der Hauptapotheke bis zu drei Filialen in enger räumlicher Nähe zu betreiben, für die sie die volle persönliche Verantwortung tragen.

Die Zahlen für Krefeld lesen sich nach Angaben der zuständigen Apothekerkammer Nordrhein wie folgt: Gab es Anfang 2012 noch 65 Apotheken im Stadtgebiet, waren es Ende des vergangenen Jahres 58 (siehe auch Info-Kasten). Im benachbarten Kreis Viersen sank die Zahl im selben Zeitraum von 77 auf 67.

„Nicht nur die Zahl der Apotheken, sondern auch die Zahl der Inhaber sinkt immer weiter“, sagt Friedemann Schmidt mit Blick auf ganz Deutschland. „Und das schmerzt besonders. Wenn so viele Apotheker keine Perspektive mehr für eine Existenz als Selbstständige sehen, liegt das nicht nur am scharfen Wettbewerb, sondern leider auch an den ordnungspolitischen Rahmenbedingungen.“

Völker warnt davor, in Panik zu verfallen, und setzt auf Service: „Wir versuchen, die Menschen durch persönliche Ansprache zu binden. Arzneimittel sind ein Gut, das einer besonderen Beratung bedarf.

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