Angela Merkel trifft Donald Trump

Raus aus der EU: Das Ensemble der Distel begeistert in der Kulturfabrik mit einer durchgeknallten Kabarett-Komödie.

Angela Merkel trifft Donald Trump
Foto: Dirk Jochmann

Dießem. Bereits zum dritten Mal ist es den Verantwortlichen der Kulturfabrik gelungen, das Kabarett-Theater Distel aus Berlin zu engagieren. Und das revanchierte sich am Sonntagabend, indem es zur Freude des Publikums Politgrößen wie Angela Merkel und Donald Trump in einem komödiantischen Gesamtkunstwerk zu Wort kommen ließ. Mit „Zwei Zimmer, Küche: Staat!“ führen Dagmar Jaeger, Michael Nitzel und Rüdiger Rudolph in wechselnden Rollen in einer kleinen Berliner Wohnung durch die politische Weltgeschichte — pointiert und mit Slapstick-Einlagen voller Realsatire.

So werden auf wunderbar leichte und anschauliche Art politische und gesellschaftliche Zusammenhänge erklärt. Das Ensemble würzt seinen Auftritt mit Songs — musikalisch unterstützt von der ins Programm integrierten Zwei-Mann-Band mit Fred Symann an den Tasten und Matthias Felix Lauschus an verschiedenen Instrumenten und vokal. Zunächst braucht das Ensemble etwas Zeit, um die Figuren des Satirespiels einzuführen und die Geschichte im Hintergrund zu erzählen. Doch spätestens im entfesselten zweiten Teil ziehen die Darsteller alle Register ihres Könnens. Zur Geschichte: Margie Plenzkow aus Berlin-Mitte ist nie in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Erst war sie Ossi, dann alleinerziehend. Stets klamme Kasse, immer haben andere ihr Leben bestimmt. Und jetzt soll sie aus ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung raus. Ihr reicht’s. Sie hat die Schnauze voll. Kurzerhand gründet sie ihren eigenen Staat. Selbst wenn der Hochstapler Dr. Dr. Hofstetten, ihr Untermieter, dafür das Know-how liefert und ihr 44-jähriger Sohn Kevin, ein Dauer-Praktikant ohne eigene Bleibe, den Innen- und Verteidigungsminister gibt. Margie beschließt: Ihre Wohnung auf der Dorotheenstraße 124 tritt aus der EU aus, ihre Rechnungen wirft sie in den Papierkorb. Der Euro findet dort ohnehin nicht statt. Der heiß ersehnte Rentenbescheid steht ihr 243 Euro und 67 Cent zu. Nun gibt es kein Halten mehr.

Leider protzt ihr Sohn in seiner Stammkneipe mit der neuen Republik. Nun ist der Teufel los. Ein neuer Staat, mitten in Berlin. Sogleich will der profitgeile Vermieter einen Diplomatenpass, um per Steuermodell an Flüchtlingen zu verdienen. Seine soziale Erkenntnis: „Mein Reichtum ist ein Kollateralschaden meiner Gutherzigkeit.“ Auch Konzerne wie Starbucks und Apple werden vorstellig, um vom Steuerparadies zu profitieren. Selbst ein Reichsbürger bewirbt sich. In einem Kleinstaat werde man schneller Minister, meint er.

Doch damit nicht genug. Der BND schickt Spitzel, Merkel wiegelt ab und wirbt für gute Nachbarschaft, Putin droht mit Annexion und Trump kommt auf Staatsbesuch. Das Chaos ist perfekt. Die kleine Wohnung wird zur großen Staatsbühne und Margie Kanzlerin in ihrem Zwergstaat. Für politisch Verantwortliche gibt es wunderbare Rezepte, wie man sich Kritik vom Leib hält. Bei unerledigten Projekten gilt der Leitsatz: „Da müssen wir noch einmal ran.“ Bei Pleiten wie dem Berliner Flughafen heißt es: „Das hat mein Vorgänger versaut.“ Ein Highlight des Abends ist der Auftritt von Trump, köstlich imitiert von Kevin-Darsteller Rüdiger Rudolf. Trump stellt sich als Präsident der Vereinigten Staaten vor und sein ganzes Gehabe kommt so witzig rüber, dass das Publikum Tränen lacht.

Als auch Merkel ihre Kollegin Margie in ihrer Wohnung aufsucht, kommt es zum vertraulichen Gespräch unter Kanzlerinnen und Frauen. „Dass ich Kanzlerin bin, ist im Grundgesetz festgelegt“, verrät die von Michael Nitzel gespielte Angie und hält sich für überkandidelt. Ihr Aussehen erklärt sie damit, dass in der DDR alle Frauen Dopingmittel nehmen mussten. Im Gespräch gesteht sie, dass die Maut auf ihre Initiative zurückgeht. „Wer weiß, auf welche Ideen der Dobrindt sonst noch gekommen wäre.“ Margie gibt Merkel den finalen Rat, mit der AfD eine Koalition einzugehen. „Sie haben damit bisher doch alle Partner kleingekriegt.“

Das Finale spielt auf den Fidschi-Inseln, wohin es Margie dank eines Koffers mit Kohls Spendengeldern verschlagen hat, den Merkel für schwierige Fälle aufbewahrt hat. Bis Trump kommt und das Gebiet als Testgelände für Atomwaffen erklärt.

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